Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
man soll bekanntlich nicht den Teufel nicht an die Wand malen - aber wie wäre es heute mit der Violinsonate g-Moll von Giuseppe Tartini, die den Beinamen "Teufelstriller" erhielt?
Der Mythos des "Teufelsgeigers" ist zweifellos von keiner Künstlerpersönlichkeit so sehr geprägt worden wie von dem italienischen Violinisten Niccolò Paganini. Im Laufe seiner Karriere avancierte er zu einem regelrechten Star, der Massenhysterie auslöste, egal wo er sein Instrument auspackte. Dabei fing der Start in sein Leben als Teufelsgeiger ebenso teuflisch an: Wenn Paganini nicht fleißig genug übte, bekam er von seinem Vater schlichtweg nichts zu essen.
Man sollte also meinen, dass Giuseppe Tartini mit seiner TeufelstrillerSonate eine passende Hommage an das Phänomen Niccolò Paganini schaffen wollte. Doch hier steckt der Teufel wortwörtlich im Detail, denn Tartini und Paganini lernten sich niemals kennen. Tartini starb bereits 1770 mit 78 Jahren, wohingegen Paganini erst 1782 das Licht der Welt erblickte. Tartini ging in seiner Jugend viel lieber zum Fechtunterricht, als dass er sich dem Musizieren widmete. Als er seinen Eltern dann auch noch den Wunsch ausschlug, eine Laufbahn als Geistlicher einzuschlagen, fand er ausgerechnet in einem Kloster Unterschlupf. In der Abgeschiedenheit blieb ihm offenbar nicht viel Anderes übrig, als sich autodidaktisch mit dem Geigenspiel die Zeit zu vertreiben. Was zunächst also nicht viel mehr als ein Mittel zum Zweck schien, wurde für Tartini schlussendlich zur Lebensaufgabe.
Nachdem er zunächst als Orchestermusiker tätig war, gründete er in Padua seine eigene Musikschule und verfasste schließlich sogar eigene Violinliteratur, die unter anderem Niccolò Paganini höchstpersönlich als Schulmaterial diente. Tartinis Inspirationsquellen muten dabei durchaus eigenwillig an. Der Komposition seiner Violinsonate in g-Moll ging angeblich eine nächtliche Vision voraus, in der ihm der Teufel höchstpersönlich einen Ohrwurm verschaffte: "Eines Nachts im Jahre 1713 träumte mir, ich hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Wie groß war mein Erstaunen, als ich ihn mit vollendetem Geschick eine Sonate spielen hörte."
Im dritten Satz der Sonate mag etwa der Umbruch von der langsamen Einleitung zu einem furiosen Allegro das Aufwachen aus einem solchen (Alb-)Traum verdeutlichen. Da das Werk aber erst viel später, nämlich 1730, entstand, könnte man meinen, dass Tartini vielmehr seine Fechtkünste auf die Sonate übertrug: In den namensgebenden Passagen ist unter den Trillerbewegungen gleichzeitig eine Melodie zu vollführen, was spieltechnisch durchaus sportlich anmutet. So etablierte sich der Beiname "Teufelstriller" für Tartinis g-Moll-Violinsonate vielleicht zu Recht. In jedem Fall arbeiteten sich bereits Generationen von Geiger*innen an diesem Stück ab, wodurch im Verlauf der Werkrezeption verschiedene Bearbeitungen entstanden.
Meine heutige Empfehlung fällt auf eine Bearbeitung für Kammerorchester und Solovioline. Ray Chen musizierte Tartinis Teufelstriller-Sonate am 17. Februar 2019 gemeinsam mit der Amsterdam Sinfonietta im Concertgebouw in Amsterdam:
Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler