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25.07.2022 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 356

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

unser heutiges Musikstück begeisterte sowohl Franz Liszt als auch Robert Schumann: Franz Schuberts Klaviersonate G-Dur "Fantasie" D 879.

Die große und technisch anspruchsvolle Sonate entstand zwei Jahre vor Schuberts Tod im Oktober 1826 und gehört zu den nur drei Klaviersonaten, die noch zu seinen Lebzeiten im Druck erschienen. Der ungewöhnliche Titel der Erstausgabe "Fantasie, Andante, Menuetto und Allegretto" stammt vom Verleger Haslinger und verdankt sich wohl der träumerisch-melancholischen Grundstimmung des ersten Satzes, der den traditionellen Vorstellungen eines Sonatenkopfsatzes wenig entsprach.

Als ruhe er sich beim Aushorchen von Klängen aus, als schlage er einfach immer wieder ein paar Akkorde an, wachträumend, so hält Schubert im Jahr 1826 inne, bevor er dann in den letzten drei Sonaten (1828) noch einmal die Auseinandersetzung mit Beethovens Sonaten-Form sucht. Hier weicht er ihr aus. Warum dieses Werk keine keine Sonate im üblichen Sinn ist, verrät schon ihre erste Seite. Wie Säulen stehen da die lang gehaltenen Akkorde in G-Dur, und unendlich lange bewegt sich Schubert nicht weg aus dieser magischen G-Dur-Landschaft, so fantastisch ungeformt noch, dass man eine regelrechte Sonate daraus nicht machen konnte. Dieser Beginn gehört zu den schwierigsten Interpreten-Aufgaben der gesamten Literatur, und dabei scheinen die paar Akkorde doch kinderleicht zu sein. Viele Pianisten haben hier Probleme - und doch sagen nicht wenige, gerade diese Sonate sei ihr Liebling bei Schubert. Das abschließende Rondo, in dem die Tonrepetitionen aus dem rustikalen Scherzo wiederkehren, gibt sich nur oberflächlich heiter, denn es finden sich auch schattenartige Eintrübungen.

Kaum verwunderlich, dass "Fantasie-Sonate", wie sie noch heute oft genannt wird, mit ihrer freien und romantischen Art später auch andere Komponisten begeisterte, Robert Schumann bezeichnete die Sonate als vollendet "in Form und Geist".

Meine heutige Empfehlung: Paul Lewis mit einem Mitschnitt vom Internationalen Klavierfestival La Roque d'Anthéron in der Provence, aufgezeichnet am 27 Juli 2002:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd