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06.09.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 526

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

heute stelle ich Ihnen ein Werk vor, das hörbar durch Antonin Dvorák beeinflusst ist: Josef Suks Serenade für Streicher Es-Dur op. 6.

1874 in einem Dorf am Mittellauf der Moldau geboren, lernte der junge Josef Suk zunächst Violine, ehe er am Prager Konservatorium in die neue Kompositionsklasse Antonin Dvoráks eintrat. Der erfolgreiche Abschluss dieser Klasse bedeutete für den 18-jährigen Suk aber nicht das Ende des väterlich-freundschaftlichen Verhältnisses: Dvorák half dem jungen Mann materiell, indem er ihn Klavierbearbeitungen seiner Werke herstellen ließ, und förderte auch den jungen, begabten Komponisten gerne. Sein Rat an Suk, nach den eher düsteren, sentimentalen Abschlussarbeiten für das Konservatorium einmal ein helleres, freudvolles Werk zu schreiben, mündete in die Es-Dur-Streicherserenade, wobei Suk zweifellos stets das Vorbild seines Lehrer, nämlich dessen Streicherserenade in E-Dur, vor Augen hatte.

Zum Gelingen dieser Arbeit trug auch der Umstand bei, dass sich Suk in Dvoráks Tochter Otylka - damals 14 Jahre alt - verliebt hatte. Die zarten Gefühle für seine spätere Gattin finden sich in der Streicherserenade in einer Betonung des Lyrischen wieder. In rascher Folge entstanden die ersten drei Sätze im Sommer 1892; im Herbst folgte der Schlusssatz. Als Dvořák nach seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten die Serenade seines Schülers erstmals zu hören bekam, war er ebenfalls zufrieden, meinte jedoch: „Du wirst es nicht weit bringen. Deine Notenschrift ist zu groß - sei sparsam mit dem Papier! Allerdings schrieb auch Händel große Noten, und er war trotzdem ein bedeutender Komponist!“ - wohlwollende Kritik und augenzwinkerndes Kompliment in einem. Kein Geringerer als Johannes Brahms war es übrigens, der jenes Jugendwerk seinem Berliner Verleger Fritz Simrock empfahl, der es tatsächlich 1896 in sein Verlagsprogramm aufnahm.

Die Uraufführung des gesamten Werkes durch das Orchester des Konservatoriums unter der Leitung des Dirigenten Anton Benewitz fand am 25. Februar 1894 in Prag statt.

Schon in seinen frühen Kompositionen, die hörbar durch Dvořáks Musiksprache beeinflusst sind, bereitete sich Suks Reifestil vor; der Durchbruch zu einer eigenständigen Tonsprache vollzog sich aber erst durch das Trauma der Jahre 1904/1905, als er innerhalb von 14 Monaten den verehrten Lehrer und Schwiegervater und seine Ehefrau Otylka verlor - sie verstarb vollkommen unerwartet 1905 im Alter von gerade einmal 27 Jahren. Suk überlebte beide um drei Jahrzehnte und starb 1935.

Unser heutiger Konzertmitschnitt entstand im letzten Jahr in der Hamburgischen Staatsoper; Kent Nagano leitet das Philharmonische Staatsorchester Hamburg:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd