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23.05.2025 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 776

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

Musik von Kurt Weill erwartet Sie an diesem Wochenende: Die Sinfonie Nr. 2.

Die zweite Sinfonie gehört zu den ersten Werken, die Kurt Weill in der Emigration schrieb. Sie entstand aufgrund eines Auftrags der berühmten Pariser Mäzenin Winnaretta Singer, der Princesse de Polignac. Weill hatte noch Anfang 1933 in Berlin mit der Arbeit begonnen, konnte das Werk aber erst gut ein Jahr später in Louveciennes bei Paris fertigstellen.

Die mit Ausnahme des zweiten Satzes knapp gefasste Sinfonie hat nur drei statt der üblichen vier Sätze. Ein Scherzo entfällt, was aber gut zu der eher düsteren, unheilschwangeren Stimmung der Sinfonie passt. Weill wollte selbst keine programmatische Ausdeutung seines Werks geben, aber die bedrückenden Umstände seiner Entstehungszeit lassen sich vielfach aus der Musik heraushören, vor allem im zweiten Satz, einem großangelegten Trauermarsch. Intonationen der Wiener Musik von Mozart bis Mahler sind hier überall wahrzunehmen. Der Tonfall schwankt zwischen Nostalgie und bösen Vorahnungen. Dabei ist die Musik sehr klar und durchsichtig instrumentiert. Das Orchester verzichtet weitgehend auf spätromantische Fülle, die Klangfarben werden gezielt und präzise eingesetzt.

Bruno Walter, der Dirigent der Uraufführung am 11. Oktober 1934 in Amsterdam, hatte sich für die Sinfonie einen bildhafteren Titel gewünscht, konnte sich damit bei Weill aber nicht durchsetzen. Lediglich zu dem Beinamen „Sinfonische Fantasie“ ließ sich der Komponist überreden. Das Stück hat es nicht leicht gehabt, sich durchzusetzen, wird seit einiger Zeit aber öfter gespielt. Es zeigt den Komponisten Kurt Weill von einer weniger bekannten Seite; er erscheint hier als würdiger Fortsetzer der großen sinfonischen Tradition. Heute gilt Weills zweite Sinfonie unter Kennern als sein wohl bedeutendstes Werk für Orchester - obwohl es oft als rückwärtsgewandt kritisiert wurde. Es mögen die biografischen Umstände dafür verantwortlich sein, dass sich hier ein sehr tragischer Gestus mit einer dominierenden Trauermarsch-Melodie breitmacht.

Unser heutiger Konzertmitschnitt kommt wieder einmal aus der Alten Oper Frankfurt: Das hr-Sinfonieorchester musizierte am 13. Januar 2023 Kurt Weills zweite Sinfonie unter der Leitung von Marie Jacquot:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd