Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
so wie der Komponist Richard Strauss mit dem Dichter Hugo von Hofmannsthal ein musikalisches Traumpaar bildete, so war es auch bei Wolfgang Amadeus Mozart mit seinem Librettisten Lorenzo da Ponte. Von Mozarts drei "Da Ponte"-Opern war "Die Hochzeit des Figaro" schon in unserem Newsletter vertreten, der "Don Giovanni" wird sicherlich in Zukunft noch folgen - heute steht "Cosi fan tutte" im Mittelpunkt.
Da Ponte hat diese Oper ohne literarische Vorlage geschrieben. Eine Anekdote besagt, dass der Kaiser persönlich da Ponte eine Geschichte erzählt haben soll, wo zwei Männer ihre Verlobten auf die Probe gestellt haben sollen, nachdem sie mit einem Dritten eine Wette abgeschlossen hatten. Viele Komponistenkollegen (darunter Richard Wagner und Ludwig van Beethoven) und Künstler, haben "Cosi fan tutte" als zu frivol angesehen, worunter der Erfolg der Oper litt. Erst im 20. Jahrhundert wurde diese Oper populär und gilt seither als ein wichtiger Teil des so hell leuchtenden Dreigestirns der Mozart-Da Ponte-Opern.
Der Inhalt in Kürze: In Cosi fan tutte will Don Alfonso, den aufrechten, leicht beeinflussbaren Ferrando und Guglielmo beweisen, dass die Treue ihrer Liebsten, der Schwestern Dorabella und Fiordiligi unbeständig ist; “dass Lieb ein unstet Ding ist”. Ferrando und Guglielmo lassen sich von Alfonso überreden, und somit beginnt ein schräges Spiel von Verwandlung, Täuschung und Verwirrung: Die Männer gaukeln vor, in einen Krieg zu ziehen; kehren als Albaner verkleidet zu ihren Liebsten zurück; drohen, sich das Herze zu durchbohren und zu vergiften, wenn Dorabella und Fiordiligi ihre Liebe nicht erwidern. Den ausführlichen Inhalt finden Sie wie immer am Ende dieser Ausgabe.
Als Mozart Ende 1789 mit der Arbeit an seiner neuen Oper begann, war er wirtschaftlich am Boden. Die verzweifelten Reisen nach Frankfurt der Jahre 1789 und 1790 halfen nicht weiter, sodass er die Oper in kürzester Zeit schreiben wollte, um rasch an Geld zu kommen. Am Silvesterabend zeigte er verschiedenen Freunden (darunter auch Joseph Haydn, dessen Meinung Mozart hoch schätzte) Ausschnitte aus der Oper und am 26. Januar 1790, nach nur 2 Monaten, erfolgte die Uraufführung. Die Aufnahme des Wiener Publikums im Burgtheater war freundlich, mehr aber nicht. Mozart blieb vom Pech verfolgt, denn kurz danach verstarb sein Förderer Kaiser Joseph II. und nach der fünften Vorstellung war aufgrund der verordneten Staatstrauer Schluss mit den Aufführungen.
Keine andere Oper Mozarts bietet so viele Ensemble-Stücke wie "Cosi fan tutte". Die Handlung der Oper schreit förmlich nach Duetten, Trios etc. - Mozart konnte hier aus dem Vollen schöpfen, denn seine Meisterschaft der kammermusikalischen Formen (bspw. bei den Streichquartetten) bildete die ideale Grundlage. Wie bei allen späteren Opern ist die Orchesterbehandlung virtuos, besonders die Bläser werden ungemein vielfältig eingesetzt und erzeugen großartige Farben. Besonders auffällig ist, wie Mozart in dieser Oper die Sängerrollen differenzierte. Fiordiligi verlangt nach einem dramatischen Koloratursopran, Dorabella entspricht dem genauen Gegenteil, nämlich eines lyrischen Mezzosoprans. Bei den männlichen Gegenparts ist es ähnlich: wir treffen einen lyrischen Tenor (Ferrando) und einen Buffo-Bariton an (Guglielmo). Dazu kommt der Buffo-Bass (Alfonso) und ein lyrischer Koloratur-Sopran (Despina).
Im Jahr 2020 schuf die Dirigentin Joana Mallwitz zusammen mit Regisseur Christof Loy eine coronataugliche Version von Mozarts "Cosi fan tutte" für die Salzburger Festspiele. Diese gestraffte und auch optisch reduzierte Version mit einfachem Bühnenbild hat überwältigende Kritiken erhalten - überzeugen Sie sich selbst. Es singen und musizieren Elsa Dreissig (Fiordiligi), Marianne Crebassa (Dorabella), Andrè Schuen (Guglielmo), Bogdan Volkov (Ferrando), Lea Desandre (Despina), Johannes Martin Kränzle (Don Alfonso), die Vereinigung Wiener Staatsopernchor und die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Joana Mallwitz:
Zum Vergleich noch ein Mitschnitt einer konzertanten Aufführung aus Wien: Im März 2014 dirigierte Nikolaus Harnoncourt, weltweit renommierter Originalklang-Spezialist, alle drei Mozart-Da-Ponte-Opern in dem Klanggewand, das ihm nach jahrzehntelanger intensiver Beschäftigung mit Mozart vorschwebte. Immer wieder war Vertrautes neu zu hören in dieser Konzentration auf das Wesentliche durch Harnoncourt, den unermüdlichen Entdecker und Erforscher. "Nikolaus Harnoncourt betätigt sich im Alter als Mozart-Extremist", schrieben die Salzburger Nachrichten und berichteten weiter: "Das Publikum feierte die Beteiligten stürmisch für das faszinierende Abenteuer".
Die Besetzung im Theater an der Wien: Mari Eriksmoen (Fiordiligi), Katija Dragojevic (Dorabella), Mauro Peter (Ferrando), Andrè Schuen (Guillelmo), Elisabeth Kulman (Despina), Markus Werba (Don Alfonso) sowie der Arnold Schönberg Chor und der Concentus Musicus Wien unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt:
Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler
Die Handlung
Erster Akt
Beim Gespräch unter Männern geraten Ferrando und Guglielmo mit ihrem Freund Alfonso in Streit. Während Alfonso aus eigener Erfahrung nicht mehr daran glaubt, dass Frauen treu sein können, sehen die jungen Männer die Sache ganz anders: Ihre Verlobten Fiordiligi und Dorabella seien ihnen absolut treu, davon sind sie fest überzeugt. Alfonso schlägt eine Wette vor, auf die sich Ferrando und Guglielmo im Eifer des Gefechts auch einlassen: Alfonso will ihnen beweisen, dass Fiordiligi und Dorabella ebenso untreu sind wie alle anderen Frauen auch.
Die beiden Schwestern schwärmen die Bilder ihrer Verlobten an. Sie können es kaum erwarten, Ferrando und Guglielmo endlich wiederzusehen. Doch statt der beiden jungen Männer wartet Alfonso auf sie und eröffnet den Frauen, dass Ferrando und Guglielmo einberufen worden sind und sofort abreisen müssen. Verzweifelt nehmen die Frauen Abschied. Das Spiel hat begonnen.
Fiordiligi und Dorabella geben sich ihrem Schmerz hin. Auch Despina kann die beiden nicht trösten - sie hält den Frauen einen Vortrag darüber, dass Männer Treue gar nicht verdienen.
Alfonso besticht Despina. Sie soll ihm dabei helfen, zwei fremden, exotisch aussehenden Männern Zugang zum Haus der Schwestern zu verschaffen. Kaum sind die Männer da, überschlagen sich die Ereignisse: Dorabella und Fiordiligi werden mit Liebesschwüren bedrängt. Doch Fiordiligi weist die Fremden mit einer Ansprache über weibliche Standhaftigkeit zurück. Ferrando und Guglielmo glauben ihre Wette schon gewonnen. Doch Alfonso weiss: Das Spiel ist noch nicht zu Ende.
In einer groß inszenierten Selbstmordszene spielen die Fremden den beiden Schwestern vor, sie wollten sich aus Liebe zu ihnen umbringen. In den Herzen der Frauen beginnt sich Mitleid für die Fremden zu regen. Nachdem Despina, als Arzt verkleidet, die vermeintlich Sterbenden ins Leben zurückgeholt hat, bestürmen sie die Frauen erneut.
Zweiter Akt
Despina provoziert Fiordiligi und Dorabella mit ihren Ansichten darüber, wie selbstbewusst Frauen mit Männern umgehen sollen. Die Schwestern beginnen, in Gedanken mit dem Feuer zu spielen; dabei stellt sich heraus, dass beide ihre Wahl in Bezug auf die beiden Unbekannten längst getroffen haben.
Dorabella gibt sich dem fremden Mann nach kurzer Unsicherheit hin. Fiordiligi dagegen kämpft gegen ihre heimlichen Wünsche an und wehrt den Fremden zunächst ab.
Ferrando muss sich trotz seinem Schmerz und seiner Wut über Dorabellas Untreue eingestehen, dass er Fiordiligi noch immer liebt. Despina lobt Dorabella, die aus Despinas Sicht das Richtige getan hat. Fiordiligi ist vollkommen verstört von ihren eigenen Emotionen. Doch auch sie kann schließlich der Versuchung nicht mehr widerstehen und gibt sich dem Fremden hin. Nun ist auch Guglielmo, der Fiordiligi beobachtet hat, wütend und verzweifelt.
Alfonso legt den beiden verwirrten und verletzten Liebhabern eine realistische Sicht auf das Leben und die Liebe nahe. Die Frauen könnten nun mal nicht anders. Così fan tutte!
Dann wird alles für die Doppelhochzeit vorbereitet. Despina, nun als Notar, lässt die Frauen den Hochzeitsvertrag unterschreiben, als plötzlich Militärmusik erklingt. Fiordiligi und Dorabella sind über die Rückkehr ihrer Verlobten zu Tode erschrocken.
Ferrando, Guglielmo und Alfonso decken das Spiel auf. Alfonso fordert die Paare auf, sich zu versöhnen und einander zu vergeben. Die beiden Paare sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.