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10.08.2022 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 363

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

wenn Sie eingeladen sind und den Gastgebern Blumen überreichen wollen, gilt Vorsicht bei der Blumenwahl: Chrysanthemen gelten als Trauerblumen - möglicherweise bekommt Ihr Besuch einen unangenehmen Beigeschmack. Giacomo Puccini, nahezu ausschließlich für sein Opernschaffen bekannt, hat eines seiner unbekannteren Werke, das an Intensität und Ausdruck den Opern in nichts nachsteht, nach dieser Pflanzengattung benannt - unser heutiges Musikstück ist der Streichquartettsatz "Crisantemi".

Der Anlass für dieses Werk aus dem Jahr 1890 war in der Tat ein trauriger: der Tod eines Freundes. Es handelt sich bei dem Stück um ein Klagelied ohne Gesang, das im Gedenken an Herzog Amadeus von Savoyen, Sohn des italienischen Königs Viktor Emanuel II., entstanden ist. Puccini soll dieses Werk in nur einer Nacht komponiert haben. Die Wahl des Titels fiel auf die Blumen, die symbolisch für den Tod stehen und häufig Gräber zieren. In diesem Sinne wollte wohl auch Puccini seine Komposition verstanden wissen und wählte hierfür den intimen Rahmen eines Streichquartetts. Dieses Werk sollte einer der wenigen Ausflüge Puccinis in die Welt der Kammermusik sein.

Für Puccini muss diese Komposition mehr als nur ein Gelegenheitswerk gewesen sein. Er muss an ihre eindringliche Kraft geglaubt haben, denn in seinem ersten großen Opernerfolg "Manon Lescaut" (1893) griff er die Musik zu "Crisantemi" erneut auf und begleitete damit die Sterbeszene der Titelheldin im letzten Akt.

Hier zunächst die Fassung für Streichquartett: Das Quatuor Modigliani musizierte dieses Werk am 26. März 2018 im Pariser Maison de Radio France:

www.youtube.com/watch

Aber auch als Version für Streichorchester hat sich dieses Werk längst durchgesetzt. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hat Puccinis "Crisantemi" Ende 2020 aus einem besonderen Anlass aufgenommen: Am 1. Dezember 2020 jährte sich zum ersten Mal der Todestag seines ehemaligen Chefdirigenten Mariss Jansons. Mit tiefer Dankbarkeit für 15 wunderbare Jahre gedachte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks seinem Chefdirigenten mit Puccinis "Crisantemi":

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler
 

Beitrag von sd