Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
die heutige Ausgabe widmet sich einem der bedeutendsten und gewichtigsten Klavierwerke Sergej Rachmaninows: Die Klaviersonate Nr. 2 b-Moll op. 36.
Unzufrieden mit der Länge und dem dichten Klaviersatz seiner Klaviersonate, nahm Rachmaninow nämlich fast 20 Jahre nach der Komposition und der Veröffentlichung zahlreiche Kürzungen und "Verschlankungen" vor, die allerdings bei Pianisten bis heute auf Kritik stoßen. So wird meist die erste Fassung gespielt - oder gar eine Mischung aus beiden Versionen, wie es sich etwa Vladimir Horowitz (mit Einwilligung des Komponisten) erlaubte.
Moskau, St. Petersburg, Rostow am Don, Saratow, Smolensk, Woronesch - all diese Orte besuchte Sergej Rachmaninow Ende 1913 im Zuge einer Konzerttournee durch das russische Kaiserreich, bei der er von Anfang Oktober bis Anfang Dezember Klavierabende mit eigenen Kompositionen in insgesamt 24 Städten gab. Kurz zuvor hatte seine große Klaviersonate Nr. 2 b-moll op. 36 vollendet, sicher eines der Schlüsselwerke in seinem Schaffen und bis heute vielgeliebt und -gespielt. Das ganze Jahr 1913 über hatte Rachmaninow an diesem Werk gearbeitet und am 18. September vollendet, wenn man der Datierung auf der letzten Seite des Autographs folgt.
Es liegt auf der Hand, dass Rachmaninow seine brandneue Komposition dem Publikum in den Konzerten der erwähnten Russland-Tournee vorstellte - aber wo zuerst, denn seine Programme waren nicht jeden Abend identisch? Welche Stadt kann sich tatsächlich mit der Uraufführung der zweiten Klaviersonate durch den Komponisten höchstpersönlich schmücken? nach neuesten Erkenntnissen fand die Uraufführung dieser Sonate nicht in den Metropolen Moskau und St. Petersburg stattfand, sondern bereits im Oktober 1913 in der etwa 500 km südlich von Moskau gelegenen Industriestadt Kursk.
Übrigens: Die 1931 von Rachmaninow revidierte Fassung der Sonate stellte der Komponist erstmals auf einem Klavierabend in Portland (Maine) am 10. Dezember 1931 vor. Auch hier zog es Rachmaninow also zuerst in die „Provinz“, bevor er die Sonate zwei Tage später in New York aufführte.
Drei Konzertmitschnitte stelle ich Ihnen heute zur Auswahl, zunächst Yuja Wang bei einem Auftritt in Japan:
Zum Vergleich: Nikolai Lugansky, aufgenommen 2023 in der Moskauer Tchaikovsky Concert Hall:
Und zum Schluss: Vladimir Horowitz, aufgezeichnet am 22. Mai 1982 in der Londoner Royal Festival Hall - der heutige König und damalige Prinz Charles hatte Horowitz zu einem Benefizkonzert eingeladen:
Wer das ganze Benefizkonzert mit Vladimir Horowitz sehen möchte - hier ist der komplette Mitschnitt:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler