Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
heute gibt es wieder einmal ein Dreier-Paket: Die letzten drei Klaviersonaten op. 109, 110 und 111 von Ludwig van Beethoven. Sie entstanden im Verbund: Beethoven hatte sie als Trias geplant und alle drei dem Verleger Adolph Martin Schlesinger in Berlin angeboten. Der Kontakt zu Schlesinger entstand durch einen Besuch des Sohnes des Verlagsinhabers, Maurice Schlesinger, im Herbst 1819 bei Beethoven in Mödling.
Beethoven begann mit der Arbeit an Opus 109 im Frühjahr 1820. Das Jahr über vertröstete er Schlesinger mehrfach und versprach immer wieder, er arbeite "jetzt ohne Aufschub" und werde sicherlich die Sonaten bald liefern. Opus 109 lieferte er tatsächlich im Herbst, wandte sich dann aber zunächst den Bagatellen op. 119 und vor allem der Missa solemnis op. 123 zu (die ihrerseits schon im März 1820 hätte fertig sein sollen...). Keine Spur von den anderen beiden Klaviersonaten.
Im März 1821 versprach Beethoven Schlesinger erneut "Die beyden Sonaten (Opus 110 und 111) folgen nun bald", in Wahrheit hatte er die Arbeit jedoch noch nicht einmal begonnen. Als Entschuldigung gab er seinen schlechten Gesundheitszustand an. Tatsächlich litt Beethoven im Sommer 1821 unter einer schweren Gelbsucht, die ihn arbeitsunfähig machte. Laut Skizzenbefund begann Beethoven die Arbeit an Opus 110 im Sommer 1821, gegen Jahresende auch die Arbeit an Opus 111. In den Skizzenbüchern überlappen die Entwürfe zu beiden Sonaten.
Derweil wird 1821 der Druck der Klaviersonate op. 109 vorbereitet. Wegen langwieriger Korrekturgänge erscheint diese erst im November 1821. Am 12. Dezember 1821 kündete Beethoven Schlesinger bezüglich op. 110 an, die "Sonate werden sie wohl jetzt sehr bald erhalten". Das Autograph stellte er laut Datierung am 25. Dezember 1821 fertig und schickte es zwei Wochen später nach Berlin. Der Druck geht vergleichsweise unkompliziert vonstatten, die Sonate erscheint im August oder September 1822.
Opus 111 wird kurz nach Opus 110 im Frühjahr 1822 fertiggestellt. Im Gegensatz zur vorangegangenen Sonate dauert der Druck- und Herstellungsprozess von Beethovens letzter Klaviersonate lange. Beethoven dringt auf Korrekturabzüge, die er auch erhält, jedoch erst im Februar 1823 wieder zurückschickt. Die Originalausgabe erscheint im Verlag des Sohnes Maurice Schlesinger in Paris vermutlich im April 1823, bei dessen Vater in Berlin im Mai 1823. Die Ausgabe hat jedoch so viele Fehler, dass Beethoven erbost darüber den Wiener Verleger Diabelli mit einem korrigierten Nachdruck beauftragt.
Mit seinen drei letzten Sonaten macht es Beethoven allen besonders schwer. Sie sind Prüfsteine für Emporkömmlinge und für erfahrene Pianisten, ebenso für Hörer, Forscher, Laien und Berufene. Noch einmal dringt Beethovens Klangsprache in neue Regionen vor, auch mit der Form experimentiert er weiter, bis er schließlich nach den zwei Sätzen von op. 111 feststellt: Es ist genug.
Zu den bedeutenden Beethoven-Interpreten gehört seit Jahrzehnten Maurizio Pollini, der Beethovens letzte drei Klaviersonaten am 25. April in der Suntory Hall in Tokyo spielte:
Viele Jahre später gastierte Pollini erneut in Japan mit den drei letzten Sonaten, die sie in den folgenden drei Links finden:
Klaviersonate Nr. 30 E-Dur op. 109: https://www.youtube.com/watch?v=edDxb9toJTQ
Klaviersonate Nr. 31 As-Dur op. 110: https://www.youtube.com/watch?v=OL5OfhMpGJ8
Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111: https://www.youtube.com/watch?v=MTbv_YKnZ7E
Im Oktober 1987 musizierte Rudolf Serkin Beethovens letzte drei Klaviersonaten im Wiener Konzerthaus:
Und zum Schluss noch ein Mitschnitt mit Elisabeth Leonskaja, aufgezeichnet am 16. Januar 2018 in der Edificio Sede in Lissabon:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Urlaubsgrüßen aus Dänemark
Matthias Wengler