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28.04.2025 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 767

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

für die heutige Ausgabe habe ich eine Kantate von Johann Sebastian Bach ausgewählt, die ich am 25. Mai im Rahmen eines besonderen Gottesdienstes im Kaiserdom selbst aufführen darf: "Gelobet sei der Herr, mein Gott" BWV 129.

Die Kantate ist bestimmt für das Trinitatisfest und wurde vermutlich erstmals aufgeführt am 16. Juni 1726. Der Kantate liegt ein fünfstrophiges Lied von Johann Olearius zugrunde, einem Mitglied jener in Mitteldeutschland weit verbreiteten Theologen- und Juristenfamilie, der auch der gleichnamige Fürstlich Magdeburgische Oberhofprediger und Hallenser Generalsuperintendent angehörte. Der Text des Olearius-Liedes nimmt keinen Bezug auf das Evangelium des Tages. Es ist ein Loblied auf die göttliche Dreifaltigkeit und deshalb dem Feiertag angemessen, ähnlich wie das von Bach in den Rahmensätzen verwendete festliche Instrumentarium. In den ersten drei Strophen geht es um Vater, Sohn und Heiligen Geist, in den folgenden beiden werden die Dimensionen angesprochen, in denen die Trinität wirkt: Zeit (Ewigkeit), Ort (alle Lüfte), sowie die ganze Christenheit.

Gesungen wurde das Lied auf eine relativ neue, erst 1698 gedruckte Melodie. Sie hatte sich in Verbindung mit Johann Heermanns Lied „O Gott, du frommer Gott“ durchgesetzt; Bach widmete ihr schon zu Beginn seiner Laufbahn eine Choralpartita für Orgel. Keinerlei Anklänge an diese Melodie zeigen die drei Arien in der Kantate. Die Bass-Arie bringt mit bloßer Continuo-Begleitung in umfänglichen Melismen das Lob zum Ausdruck und betont weitere Schlüsselworte wie „erlösen“ und „Höchstes Lob“. In der folgenden Arie, einem Quartettsatz, fällt ein immer wiederkehrendes, auf- und absteigendes Sechzehntel-Motiv auf, das an die feurigen Zungen erinnern mag, ein Bild, das am Sonntag zuvor, dem Pfingstfest, mit dem Wirken des Heiligen Geistes in Verbindung gebracht wurde. Die folgende Alt-Arie ist ein fröhliches Loblied im 6/8-Takt.

Nur in den Rahmensätzen kommt die pauken- und trompetengekrönte Pracht des Festorchesters zum Tragen. Der Eingangschor ist eine freithematische Cantus-firmus-Bearbeitung. Haben hier die Trompeten eher die Aufgabe, die Kadenzen akkordisch zu markieren, bekommen sie im Schlusschoral thematische Funktion zwischen den blockartig vorgetragenen Choralzeilen. Entfernt erinnert das finale Stück an die Technik, mit der Bach achteinhalb Jahre später sein großes Weihnachtsoratorium ausklingen lassen wird.

Unser heutiger Mitschnitt kommt aus der Schweiz. Am  16. Mai 2008 musizierten in der reformierten Kirche Trogen Ulrike Hofbauer, Claude Eichenberger, Klaus Häger sowie Chor und Orchester der J. S. Bachstiftung St. Gallen unter der Leitung von Rudolf Lutz:  
 
www.youtube.com/watch

Eineinhalb Stunden vor dieser Aufführung fand ein Workshop mit Karl Graf und Rudolf Lutz zu dieser Kantate statt:

www.youtube.com/watch

Sehr empfehlenswert und unterhaltsam ist der Podcast mit Bernhard Schrammek und Michael Maul zu dieser Kantate:

www.ardaudiothek.de/episode/der-bach-kanal-mit-maul-und-schrammek/folge-171-der-bach-kantate-gelobet-sei-der-herr-mein-gott-bwv-129/mdr-klassik/12724159/

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd