Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
heute erwartet Sie ein nahezu unbekanntes Solokonzert aus England: Das Violakonzert von William Walton.
William Walton gilt heute als bedeutendster englischer Komponist zwischen Ralph Vaughan Williams und Benjamin Britten. Diesen Ruf bringen ihm vor allem seine frühen Werke ein. Außerdem pflegte Walton sehr enge Beziehungen zum englischen Königshaus: Queen Elizabeth II. nahm ihn in den „Order of Merit“ auf, ein Exklusivzirkel, der maximal 24 Mitglieder besitzen darf. Und 1937 komponierte er den bekannten Krönungsmarsch „Crown Imperial“ für George VI., der ihn wenige Jahre später sogar zum Ritter schlug.
Das Bratschenkonzert von William Walton ist das erste Konzert für Viola und Orchester des 20. Jahrhunderts. Und es hat die Pforten für dieses noch immer unterschätzte Instrument weit aufgestoßen. Die Idee zu einem großen Bratschenkonzert stammt von dem Dirigenten Thomas Beecham, der Walton vorschlug, dem berühmten Bratscher Lionel Tertis ein Werk zu schreiben, das es mit Violinkonzerten aufnehmen kann. Inspiriert von Sergej Prokofjews erstem Violinkonzert schuf Walton 1929 ein Konzert für Bratsche. Es ähnelt dem Violinkonzert des russischen Kollegen in Aufbau und Besetzung.
Waltons Violakonzert besteht genau wie Prokofjews Violinkonzert aus drei Sätzen mit der etwas untypischen Abfolge langsam - schnell - langsam. Auch die thematische Verarbeitung erinnert an Prokofjew. Waltons Musik findet einen originellen Weg zwischen Spätromantik und Moderne. Nostalgische Melodien, die das ländliche England beschwören, wechseln mit rhythmisch mitreißendem Drive, der vom nervösen Leben der Großstadt London zu erzählen scheint. Geschickt verwebt Walton den Solopart mit dem farbig instrumentierten Orchester, unterfüttert von einer süffigen, eigenwillig zwischen Dur und Moll changierenden Harmonik. Lionel Tertis, als Solist der Uraufführung vorgesehen, sah sich jedoch außerstande, das Konzert zu spielen - die Uraufführung übernahm kein Geringerer als Paul Hindemith.
Unser heutiger Mitschnitt kommt aus der Frankfurter Alten Oper, Antoine Tamestit musizierte dort am 23. März 2018 Waltons Violakonzert mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Manfred Honeck:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler