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15.05.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 628

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freude der Kirchenmusik,

heute wird es opernhaft und virtuos zugleich mit Franz Liszts Réminiscences de Don Juan (nach Themen aus Mozarts Oper "Don Giovanni").

Das Jahr 1841 brachte für den reisenden Virtuosen Franz Liszt mehrere unvergessliche Erlebnisse: die erste Begegnung mit Richard Wagner, umjubelte Konzerte in Paris, London und Hamburg, die Bekanntschaft des Fürsten Lichnowsky, den er in Mainz kennenlernte, und am Ende des Jahres sein Debüt in Weimar, wo er später die wichtigste Stellung seines Lebens antreten sollte.

Zwischen diesen biografischen Hauptdaten steht eine Idylle: sein Herbstaufenthalt auf der Insel Nonnenwerth im Rhein zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der Gräfin d’Agoult, und ihren Kindern. Dem unvergesslichen Eindruck, den der Rhein in ihm hinterließ, verdanken wir seine ersten deutschen Lieder ("Loreley" und "Nonnenwerth"), das Rheinweinlied für Chor und Orchester und eine Reihe von Klavierstücken. Auch die Réminiscences de Don Juan entstanden 1841 und dürften von Liszt auf seinen Konzerten in der Umgebung von Nonnenwerth (Koblenz, Bonn, Köln) gespielt worden sein. Er hat diese Fantasie über Themen aus Mozarts "Don Giovanni" später selbst für zwei Klaviere arrangiert. In dieser Fassung erschien das Werk 1877 im Druck.

Beschreibungen von Liszts Spiel beziehen stets das Faszinosum der im Augenblick entstehenden Musik, der Improvisation, mit ein, die in seinen diversen Transkriptionen gipfelte. Liszt sah sich selbst als Schöpfer dieses Genres der Klaviermusik an: „Das Wort Transkription ward von mir zum ersten Mal gebraucht, desgleichen Réminiscences, Paraphrase, Illustration, Partition du Piano“.

Besonders berühmt wurden seine Réminiscences über Opernthemen. Der Liszt-Schüler Alexander Serow bezeichnete sie als „die Quintessenz des Charakters der ganzen Oper: Die Hauptpersonen und -situationen aller dieser Musikdramen gingen an uns wie lebendig vorüber, wobei auch die Brillanz und Erhabenheit des Spiels mit Tönen, die "Pyrotechnik" der Kunst des Virtuosen, nicht vergessen war, sondern im Gegenteil die verblüffendsten, blendendsten Ausmaße annahm, um in dem Feuerwerk der Triller, filigranartigen Verzierungen, Kaskaden, blitzeschleudernden Oktaventonleitern unerwartet aufs neue die Themen aufsteigen zu lassen, wie auftauchend aus diesem Tonschwall, sich umarmend und in immer neuen wunderlichen Arabesken miteinander verflochten.“

Diesen blumigen Worten ist nur noch einer der schönsten Textfehler anzufügen, den ich einmal in einer falsch übernommenen Ankündigung zu einem meiner Orgelkonzerte in einem Gemeindebrief lesen konnte: Angekündigt hatte ich im Rahmen eines weihnachtlichen Programms u. a. Transkriptionen verschiedener Orchesterwerke - lesen konnte man dann: Transpirationen. Und in der Tat: Bei so mancher Transkription kann man leicht ins Schwitzen geraten - so auch als Interpret unseres heutigen Musikstücks.

Hier zunächst die Version für Klavier zu zwei Händen: Bruce Liu in einem Konzertmitschnitt der Fondation Louis Vuitton in Paris:

www.youtube.com/watch

Viel öfter zu erleben ist die Version für zwei Klaviere; Martha Argerich und Mauricio Vallina musizierten am 29. Juni 2009 Franz Liszts Réminiscences de Don Juan im Rahmen des Lugano Festivals:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd