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21.10.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 695

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

es ist eines der kürzesten traurigen Musikstücke der klassischen Musik - und zählt dennoch zu den beliebstesten Werken des Komponisten: Sergej Rachmaninows Vocalise cis-Moll op. 34 Nr. 14.

Sergej Rachmaninow schrieb mit seiner Vocalise ein Lied, das ohne Text nur auf die Kraft der Stimme setzt. Eine Steilvorlage auch für Instrumente aller Stimmlagen - wie zum Beispiel das Violoncello. "Wozu sind die Worte, wenn Sie doch fähig sind, alles besser und viel mehr mit Ihrer Stimme und durch Ihre Interpretation auszudrücken, als jedermann dies mit Worten täte?" - Das jedenfalls meinte Sergej Rachmaninow zu Antonia Wassilijewna Neschdanowa, einer der bedeutendsten russischen Sängerinnen des 19. Jahrhunderts. Es geht also nicht um Worte sondern um Ausdruck pur. Einer Vokalise genügen die Vokale, um mit ihnen zu transportieren, was an Emotion rüberkommen soll.

Auch ohne Worte war Antonia Neschdanowa eine besonders "beredte" Sängerin und nicht ohne Grund die Widmungsträgerin der Vocalise. Die Sopranistin hatte in allen wichtigen Belcantopartien des klassischen russischen und westeuropäischen Opernrepertoires brilliert. Sie wollte die italienische Belcanto-Tradition in Russland fortführen, zugleich aber auch einen wichtigen Beitrag zur russischen Nationaloper leisten. So pflegte sie gute Kontakte zu den russischen Komponisten ihrer Zeit, unter ihnen Rachmaninow und Alexander Gretschaninow.

Rachmaninows Vocalise cis-Moll op. 34 Nr. 14 wurde in der Fassung für hohe Singstimme und Klavier am 21. September 1915 in Moskau uraufgeführt. Ihren Erfolg verdankt sie aber auch den unzähligen Transkriptionen, u.a. für für Gesangsstimme und Orchester, für Orchester allein, Geige und Orchester, Streichorchester, Cello und Klavier, Klaviertrio, Klavier allein, Klarinette und Klavier, Geige und Klavier, Horn und Klavier und schließlich auch Kontrabass und Klavier. Nur die Fassung in e-Moll für Orchester allein stammt übrigens von Rachmaninow selbst.

Unser heutiger Mitschnitt wurde im September 2020 in der Moskauer Tchaikovsky Concert Hall aufgezeichnet, es musizieren Gautier Capuçon und Nikolai Lugansky:

www.youtube.com/watch

Zum Vergleich: Dame Kiri Te Kanawa Dame Kiri Te Kanawa in der "Winter Gala" of Royal Opera House, Covent Garden, aufgezeichnet 1994 in London, die musikalische Leitung hat Stephen Barlow:

www.youtube.com/watch

Und zum Abschluss noch eine Fassung für Klavier solo mit Daniil Trifonov, von ihm selbst bearbeitet:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd