Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
Werke für vierstimmigen Chor sind normaler Standard, acht Stimmen sind schon seltener - aber ein Werk für 40 Chorstimmen? Da kommt nur ein Werk in Frage: Die Motette "Spem in alium" von Thomas Tallis.
Der englische Renaissance-Komponist schuf das Werk vermutlich 1573 zum 40. Geburtstag von Queen Elisabeth I. Er schrieb es für acht Chöre zu je fünf Stimmen (jeweils Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass); eine Aufführung dauert je nach Interpreten zwischen 9 und 11 Minuten. Aufgrund der Riesenbesetzung ist es nicht gerade häufig zu hören.
Das Werk beginnt mit Chor 1 (auf der linken Seite) und bewegt sich durch alle Chöre der Reihe nach bis zu Chor 8 (auf der rechten Seite). In Takt 40 lässt er alle 40 Stimmen erstmals zusammen erklingen, bevor er dann mit Chor 8 beginnt und sich wieder zurück zu Chor 1 bewegt. Darauf folgen mehrere Abschnitte, in denen ein Gespräch zwischen den verschiedenen Chören stattfindet, wobei dasselbe Material von der einen hinüber zur anderen Seite geworfen wird und oft mit phantasievollen melodischen Wendungen in unterschiedlichen Stimmgruppen eingefärbt und mit massiven vollstimmigen Akkorden durchsetzt ist.
Der Text ist ein Responsorium aus der Liturgie von Salisbury, das als Antwort auf eine Lesung aus dem Buch Judith im September zu singen ist. Es handelt sich dabei um ein Gebet für die Erlösung der judäischen Bevölkerung von Betulia aus der Belagerung durch den feindlichen General Holofernes. Judith, eine Witwe, rettet ihre Stadt, indem sie Holofernes betrunken macht, verführt und dann enthauptet.
Ein Mitschnitt aus den Niederlanden erwartet Sie heute. Am 27. Februar 2013 wurde "Spem in alium" vom Ensemble The Sixteen gemeinsam mit den Laurenscantorij und Gastsängern, einstudiert von Wiecher Mandemaker, unter der Leitung von Harry Christophers in De Doelen in Rotterdam aufgeführt:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler