Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
nahezu alle großen Komponisten haben uns Violinkonzerte hinterlassen: Mendelssohn, Beethoven, Bach, Brahms, Sibelius... - einer nicht: Franz Schubert. Aber immerhin: Es gibt das Rondo A-Dur D 438 für Violine und Streichorchester, das ich Ihnen heute gerne vorstelle.
Dieses Werk komponierte der 19-jährige Franz Schubert im Juni 1816. Seine intensiv praktische Beschäftigung mit dem Violinspiel lag jedoch schon einige Jahre zurück. Neben seinen ersten Versuchen auf dem Klavier erhielt er schon frühzeitig bei seinem Vater Violinunterricht. Während seiner Schulzeit am k. k. Stadtkonvikt in Wien (1808-1813) spielte er im Internatsorchester als zweiter Geiger, später als erster Geiger und hatte auch Gelegenheit, Kammermusik zu pflegen.
Seit dem Eintritt in den Schuldienst 1814 trat das Musizieren auf der Violine in den Hintergrund. Schubert schrieb in der Folgezeit verhältnismäßig wenige Werke für dieses Instrument. Sie entstanden hauptsächlich in Schuberts äußerst fruchtbarer Schaffensperiode 1816/17 (vier Sonaten für Violine und Klavier, ein Concerto für Violine und Orchester und 32 Ländler für eine und zwei Violinen), sowie in den Jahren 1826 und 1827 das Rondo h-Moll und die Fantasie C-Dur für Violine und Klavier. Das Rondo in A-Dur steht am Ende einer längeren Reihe von Violinwerken, die im Zeitraum von Januar bis Juni 1816 komponiert wurden.
Zur Entstehungsgeschichte des Rondos sind keine direkten Äußerungen Schuberts oder seiner Freunde bekannt. Einen aufschlussreichen Einblick in die seelische Verfassung Franz Schuberts zur Zeit der Arbeit am Rondo gewährt jedoch der Eintrag in den wenigen erhaltenen Tagebuchblättern, den der Komponist nach der Aufführung eines Streichquintetts von Mozart unter dem 13. Juni 1816 machte: "Ein heller, lichter, schöner Tag wird dieser durch mein ganzes Leben bleiben. Wie von ferne leise hallen mir noch die Zaubertöne von Mozarts Musik..."
Das rund 15-minütige Stück entstand gegen Ende von Schuberts Kompositionsstudien bei Antonio Salieri. Gestaltet ist das Rondo in einem Satz, den Schubert in zwei Großabschnitte gliederte: Einer überaus ausdrucksstarken, elegisch gefärbten langsamen Einleitung (Adagio) folgt ein schneller Satz von gelöster Atmosphäre (Allegro giusto). Der technisch fordernde Solo-Part ist gespickt mit großen Sprüngen, langen Passagen aus raschen Akkordbrechungen und Skalenläufen.
Carolin Widmann ist im folgenden Mitschnitt vom 14. Dezember 2018 aus der Alten Oper Frankfurt mit Schuberts Rondo zu erleben, sie wird begleitet vom hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler