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08.07.2022 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 349

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

an den kommenden Wochenenden soll das Musiktheater wieder zu seinem Recht kommen: Die heutige Ausgabe präsentiert Ihnen zwei klassische italienische Opereinakter: Cavalleria Rusticana und Pagliacci (Der Bajazzo).

Pietro Mascagnis "Cavalleria Rusticana" und Ruggero Leoncavallos "Pagliacci" werden zwar häufig an einem Abend gespielt, wurden aber unabhängig voneinander geschrieben. "Cavalleria Rusticana" entstand zuerst; die äußerst erfolgreiche Premiere im Jahr 1890 in Rom hatte zweifellos Einfluss auf Leoncavallo. Dessen "Pagliacci" im Jahr 1892 in Mailand war ein weiterer Triumph. Die beiden Werke sind voller Melodien nach italienischer Art - mit großartigen Chören, zu denen die Dorfbewohner ausgelassen feiern, dazu Solo-Arien und angespannte, Gewalt und Tragödie heraufbeschwörende Konfrontationen.

Schon bald nach den sensationellen Uraufführungserfolgen der wegen ihrer Kürze und ihres Sujets verwandten Opern, entstand die Theatertradition, beide Werke an einem Abend zu präsentieren. Schauplatz beider Werke sind Dörfer in Süditalien, beide spielen an einem hohen katholischen Feiertag und thematisieren zerplatzte Träume, verratene Liebe, Ehebruch, brennende Eifersucht, verletztes Ehrgefühl und tödlich endende Rivalität.

Schmerzvoll muss Santuzza in "Cavalleria Rusticana" erkennen, dass ihr Verlobter Turiddu noch immer nicht von seiner früheren Geliebten Lola lassen kann. Diese war ihm einst versprochen, bevor er zum Militärdienst ging und Lola den Fuhrmann Alfio heiratete. Als Santuzza nach einem Streit tief gekränkt das Verhältnis der beiden Liebenden aufdeckt, beschwört sie ein Duell mit tödlichem Ausgang herauf...

In "Pagliacci" kommt eine Komödiantentruppe in ein kalabrisches Dorf, um ein Stück aufzuführen. Die von Betrug, Liebessehnsucht und Eifersucht geprägten realen Beziehungen der Theaterleute spiegeln sich in der Figurenkonstellation auf der Bühne: Wahrheit und Illusion verschwimmen, und aus dem Spiel wird blutiger Ernst ...

Die beiden veristischen Opern-Klassiker verbinden unüberbietbar expressive Intensität, Härte und Knappheit in der Darstellung mit dem Schmelz italienischer Belcanto-Oper und haben sich so wie kein anderes Opern-Doppel in Herz und Seele des Publikums verankert.

Heute haben Sie wirklich die Qual der Wahl! Jeweils drei Aufführungen, zum Teil auch konzertant, stelle ich Ihnen zur Wahl - zunächst zu "Cavalleria Rusticana": Die Aufführung vom 1. Dezember 2020 in Neapel konnte coronabedingt nur konzertant stattfinden, lohnt sich aber bei dieser Besetzung in jedem Fall. Es singen und musizieren Elina Garanca (Santuzza), Jonas Kaufmann (Turridu), Claudio Sgura (Alfio), Elena Zilio (Mamma Lucia), Maria Agresta (Lola) sowie Chor und Orchester des Teatro di San Carlo unter der Leitung von Juraj Valčuha:
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Im Jahr 2009 brach der Dirigent Georges Prêtre seinen Schwur, nie wieder Oper zu dirigieren und beschenkte im Alter von 85 Jahren das Publikum beim Festival Orange mit beiden Operneinaktern - hier zunächst "Cavalleria Rusticana" mit Béatrice Uria-Monzon (Santuzza), Anne-Catherine Gillet (Lola), Stefania Toczyska (Mamma Lucia), Roberto Alagna (Turridu) und Seng-Hyoun Ko (Alfio). Es spielt das Orchestre National de France unter der Leitung von Georges Prêtre:

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Legendär sind die Verfilmungen der beiden Einakter von Franco Zeffirelli aus dem Jahr 1981 geworden - die "Cavalleria"-Besetzung: Elena Obraztsova (Santuzza), Placido Domingo (Turridu), Fedora Barbieri (Mamma Lucia), Renato Bruson (Alfio), Axelle Gall (Lola) sowie Coro e Orchestra del Teatro alla Scala unter der Leitung von Georges Prêtre:

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Und hier die Empfehlungen zu "Pagliacci", zunächst der Mitschnitt vom Festival Orange aus dem Jahr 2009 mit Inva Mula (Nedda), Roberto Alagna (Canio), Seng-Hyoun Ko (Tonio) und Florian Laconi (Peppe). Es spielt das Orchestre National de France unter der Leitung von Georges Prêtre:

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In der "Pagliacci"-Verfilmung von Franco Zeffirelli sehen und hören Sie Teresa Statas (Nedda)), Placido Domingo (Canio), Juan Pons (Tonio), Florindo Andreolli (Peppe) und Alberto Rinaldi (Silvio) sowie Coro e Orchestra del Teatro alla Scala unter der Leitung von Georges Prêtre:

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Und zum Abschluss noch ein historisches Fundstück aus Japan aus dem Jahr 1961. Mario del Monaco war seinerzeit weltweit gefeierter Tenor und ist hier in der Rolle des Canio zu sehen. Die weitere Besetzung: Gabriella Tucci (Nedda), Aldo Protti (Tonio), Attilio d'Orazi (Silvio) und Antonio Pirino (Beppe) sowie das NHK Symphony Orchestra unter der Leitung von Giuseppe Morelli:

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Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Urlaubsgrüßen von der Nordsee

Matthias Wengler

Beitrag von sd