Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
heute erwartet Sie wieder einmal ein Werk, das nur selten im Konzertsaal zu erleben ist: Das Klavierquintett a-Moll op. 84 von Edward Elgar.
Nach einer Phase von etwa zwei Jahren, in denen Edward Elgars mentaler und physischer Gesundheitszustand labil gewesen war, kam er 1918 schließlich wieder zu Kräften und gewann seine schöpferische Inspiration zurück. Das Klavierquintett a-Moll war ein Teil einer Trilogie von Kammermusikwerken (die anderen beiden waren die Violinsonate und das Streichquartett), die zusammen mit dem berühmten Cellokonzert in der ländlichen Abgeschiedenheit von Brinkwells entstanden, einem kleinen Landhaus in West Sussex in der Nähe von Fittleworth, das der Komponist von dem Künstler Rex Vicat Cole mietete. Elgars Ehefrau Alice war über die erneute Motivation ihres Mannes begeistert und notierte in ihrem Tagebuch, während sie den Klängen seiner neuesten Stücke lauschte: „E. schreibt wundervolle neue Musik, anders als alles andere von ihm … Waldzauber, so schwer fassbar und zart.“ Von September 1918 bis April 1919 arbeitete er an dem Klavierquintett.
Elgar organisierte eine Privataufführung des ersten Satzes in seinem Londoner Haus (Severn House in Hampstead) am 7. Januar 1919, worauf weitere folgten, so auch ein gesamter Durchgang des Werks am 7. März. Zu dieser Gelegenheit hatte der Komponist den Widmungsträger des Werks, Ernest Newman, eingeladen, der allerdings verhindert war. George Bernard Shaw hingegen war anwesend und schrieb am nächsten Tag an Elgar: „Das Quintett hat mich sofort überwältigt. Ich sagte mir, - mit der alten Kritikergewohnheit, Phrasen für die Veröffentlichung zu schmieden - dass dies das Beste seiner Art seit Beethovens "Coriolan" sei. Ich weiß nicht, weshalb ich die beiden miteinander in Verbindung brachte, doch tat ich es: sie hatten dieselbe Qualität - dieselbe Art. Natürlich sind Sie hier Ihren eigenen Weg gegangen.“
Zudem lobte Shaw Elgars eigene Auffassung des Klavierparts: „Es klang nicht wie ein Klavier, oder irgendetwas anderes dieser Welt, doch war es wunderschön … ein Anschlag, der Ihnen eigen ist und der mir gleich aufgefallen ist, als ich Sie das erste Mal am Klavier herumalbern hörte.“ Die erste öffentliche Aufführung wurde sechs Wochen später, am 21. Mai 1919, in der Londoner Wigmore Hall gegeben. Diesmal spielte der Pianist William Murdoch zusammen mit einem Streichquartett, bestehend aus Albert Sammons und W. H. Reed (Violinen), Raymond Jeremy (Viola) und Felix Salmond (Violoncello).
Zwei Konzertmitschnitte stelle ich Ihnen heute zur Auswahl, zunächst vom Bowdoin International Music Festival. Am 31. Juli 2019 musizierten in der Festival-Fakultät Itamar Zorman, Janet Sung, Liz Freivogel, Keiko Ying und Ran Dank:
Zum Vergleich noch ein Mitschnitt aus der Zipper Hall in Los Angeles. Im Rahmen der Dilijan Chamber Music Series spielten am 20. Oktober 2017 Movses Pogossian, Anna Landauer, Kim Kashkashian, Michael Kaufman und Tatevik Mokatsian:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler