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20.10.2025 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 842

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

heute erwartet Sie wieder einmal ein Werk für Violine: Die  Schottische Fantasie op. 46 von Max Bruch.

Dass wir uns an seinen Namen erinnern, verdankt der 1838 in Köln geborene Komponist Max Bruch im Grunde nur einem einzigen Stück: Obwohl er Opern, Sinfonien  und Chorwerke geschrieben hatte, findet sich sein Name heute nahezu ausschließlich in Verbindung mit seinem ersten Violinkonzert auf den Spielplänen. Er habe mit seinen Kompositionen Geld für die Ausbildung der Kinder verdienen müssen. Deshalb sei er gezwungen gewesen, gefällige und leicht verständliche Werke zu schreiben, meinte Bruch einmal als quasi vorgreifende Entschuldigung dafür, dass er letztlich wenig Bleibendes hinterlassen hat. Die Musik seiner populären Zeitgenossen Richard Wagner, Max Reger oder Richard Strauss lehnte er glattweg ab - eine Haltung, die er mit Peter Tschaikowsky teilte. Er war eben eher ein Bewahrer als ein Neuerer. 

Und ausgerechnet über das Violinkonzert, das doch einzig sein ideelles Fortleben begründen sollte, urteilte Bruch später, es sei "entsetzlich populär geworden". Seine Schottische Fantasie ist davon weit entfernt, obwohl es eines der anspruchsvollsten Werke der Violinliteratur überhaupt ist: Dieses Werk verlangt dem Solisten unendlich viel ab, es ist ungeheuer virtuos. Diese "Fantasie unter freier Benutzung schottischer Volksmelodien" - so der eigentliche Titel - entstand 1879/1880 für Violine, Harfe und Orchester und dauert etwa 32 Minuten. Kein Wunder, dass Bruch das Stück dem großen Meister Pablo de Sarasate widmete. Allerdings war dieser zunächst nicht beeindruckt, sodass in der Uraufführung 1881 in Liverpool der keineswegs geringere Joseph Joachim den Solopart übernahm.

In allen vier Sätzen nach der Einleitung nimmt sich Bruch jeweils ein populäres schottisches Volkslied vor. Das Material dafür sammelte er eigenhändig während einer Rundreise durch Großbritannien. Den Rest erlas er sich bei Sir Walter Scott. Bemerkenswert ist die Vielseitigkeit des Werkes: Denn es finden sich darin entsprechend der Grundkonzeption zarte, gesangliche Passagen, aber auch geradezu wilde Virtuosen-Kabinettstückchen. Wir hören eine feierliche Prozession, eine Art Dudelsack-Imitation, tänzerische Miniaturen und großen Blechbläser-Sound. Alles mutig nebeneinander gestellt, allerdings nicht ohne eine innere Verbindung.

Unser heutiger Konzertmitschnitt entstand 2018 in der Lübecker Musik- und Kongresshalle. Kirill Troussov musiziert mit dem  Philharmonischen Orchester der Hansestadt Lübeck unter der Leitung von Christian Mandeal:

www.youtube.com/watch

Und zum Vergleich ein Solist, der technische Herausforderungen nahezu mühelos meisterte: Jascha Heifetz. Er ist zusammen mit dem Orchestre National de France zu sehen, der Mitschnitt entstand 1971 im Rahmen der Sendung "Heifetz on Television": 

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd