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26.02.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musikm in schwierigen Zeiten - 594

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

die Ungarischen Tänze von Johannes Brahms sind ebenso bekannt und beliebt wie die Slawischen Tänze von Antonin Dvorák. Nicht ganz so bekannt, aber unbedingt hörenswert sind die Norwegischen Tänze op. 35 von Edvard Grieg.

„Ich war voll gestopft mit Chopin, Schumann, Mendelssohn und Wagner und brauchte schöpferische Freiheit. Ich musste eine persönlichere Luft atmen.“ So äußerte sich der junge Edvard Grieg, als er als 19-Jähriger nach einem vierjährigen Musikstudium im Leipziger Konservatorium wieder nach Norwegen zurückkehrte. Durch seine Freundschaft mit dem Geiger Ole Bull, der als Vorkämpfer norwegischer Volksmusik und Kultur gilt, lernte er den Zauber der norwegischen Volksmusik kennen: „Ole Bull spielte für mich die zauberhaften norwegischen Melodien, die in mir den Wunsch wachriefen, sie als Basis meiner eigenen Melodien zu verwenden." Griegverwendete alte Volksmelodien, die er einer Sammlung des Musikers und Forschers Ludvig Mathias Lindeman entnahm und bearbeitete einige davon für Klavier vierhändig, um sie mit seiner Frau Nina zusammen zu spielen.

Griegs Norwegische Tänze erschienen 1881 zuerst für Klavier zu vier Händen. Es war seine skandinavische Antwort auf die so erfolgreichen Slawischen Tänze Antonín Dvořáks und die Ungarischen Tänze von Johannes Brahms. Diese beiden Komponisten hatten ihre Tanzserien für Klavier zu vier Händen zu genau derselben Zeit, nämlich 1878 und 1881, veröffentlicht. Die Beschäftigung mit national geprägter Musik und dem in der Romantik so wichtigen „Volkston“ lässt sich damals bei fast allen wichtigen Komponisten Europas feststellen.

Die vorherrschende Form der Musikausübung lag zu dieser Zeit im Vierhändigspiel am Klavier. Alle diese drei Tanzserien entwickelten sich zu absoluten Highlights in den jeweiligen Ländern. Aus diesem Grund war es auch nicht verwunderlich, dass in Kürze Orchesterbearbeitungen entstanden. Diese wurden von Dvorak und Brahms vorwiegend selbst erledigt. Nur Grieg wagte sich damals nicht selbst an die Orchestrierung seiner Tänze, da sein Freund Johan Svendsen mit seinen Norwegischen Rhapsodien das Thema norwegischer Orchestermusik schon besetzt hielt. Griegs Leipziger Verleger Peters allerdings wünschte sich von Grieg immer wieder umfangreichere Werke, vor allem für Orchester, daher drängte er Grieg, die Tänze zu orchestrieren.

1882 instrumentierte Robert Henriques mit Griegs Zustimmung die ersten drei Tänze als Ballettmusik für den 2. Akt seiner Bühnenmusik zu Ibsens „Peer Gynt“. Der Peters Verlag beauftragte 1891 den tschechischen Dirigenten, Komponisten und Bratschisten Hans Sitt mit einer neuen Instrumentation, übrigens gegen Griegs Willen, der sich wünschte, dass die Orchestrierung von einem französischen Komponisten vorgenommen werden sollte. In der Fassung von Hans Sitt ist das Werk meist zu hören.

Für den ersten Tanz verwendete Grieg den populären Sinklar-Marsch, für die letzten drei so genannte Hallings, traditionelle norwegische Brauttänze junger Männer, die schnell und sehr akrobatisch auszuführen sind. Die knappen Themen dieser Tänze schmückte Grieg frei aus, fügte jeweils einen Mittelteil als Trio ein, und erhielt so typische Konzerttänze, die er wie eine Art Sonate anordnete: Das ausgedehnte erste Stück dient als Allegro in d-Moll (mit D-Dur-Trio). Als langsamer Satz folgt ein kurzes, graziöses Allegretto in A-Dur, als Scherzo ein simpler Marsch in G-Dur, als Finale ein rauschendes Presto in D-Dur (mit Trio in d-Moll).

Hier zunächst die Orchesterfassung von Hans Sitt mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Paavo Järvi, aufgezeichnet am 19. April 2013 in der Frankfurter Alten Oper:

www.youtube.com/watch

Zum Vergleich noch die Originalfassung für Klavier zu vier Händen mit dem Dombrova Piano Duo (Łukasz Szubski und Krzysztof Włodarczyk), aufgezeichnet in der Musikakademie Kattowitz am 27. Oktober 2017:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd