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05.07.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 649

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

heute erwartet Sie eine der beliebtesten und meistaufgeführten Opern weltweit: Gioacchino Rossinis "Der Barbier von Sevilla"

Die Uraufführung fand am 20. Februar 1816 im römischen Teatro Argentina statt, das Werk wurde trotz eines verstolperten Starts mit unfreiwillig komischen Pannen Rossinis erfolgreichste und populärste Oper.

Noch im Jahr 1968, als an den 100. Todestag des Komponisten erinnert wurde, verband sich sein Ruhm nahezu ausschließlich mit dieser Oper. Das Werk hatte als einziges den Stilwandel vom Belcanto zum Verismus überdauert, der noch zu Lebzeiten Rossinis begann. Diese stilistische „Resistenz“ ist ihm allerdings nicht gut bekommen. Der Großteil seiner Rezeptionsgeschichte war von willkürlichen Eingriffen in die Partitur, vor allem aber von sängerischen Defiziten geprägt: vom Niedergang des verzierten Gesangs. Für Rossinis Opern - ob buffa oder seria - ist diese hohen Kunst jedoch essentiell.

Erst seit den 1970er Jahren setzte eine Renaissance des Belcanto-, namentlich des Rossinis-Gesangs ein - nicht zuletzt befördert durch die Revision der Partitur des Dirigenten Alberto Zedda. Sie wurde 1969 veröffentlicht und war - kaum zu glauben - die erste kritische Edition einer italienischen Oper aus dem 19. Jahrhundert. Die erste Gesamtaufnahme auf Grundlage dieser philologisch sorgfältigen Ausgabe entstand 1971 unter Claudio Abbado.

Nicht jedem ist bekannt, dass die Geschichte des umtriebigen Friseurs, der ein attraktives Mädchen erobert, aus dem Auftakt einer französischen Figaro-Trilogie stammt und Mozarts Oper „Die Hochzeit des Figaro“ aus dem zweiten Teil der Textvorlage entstanden ist. Die Kavatine des Figaro aus Gioachino Rossinis „Barbier von Sevilla" ist eine der berühmtesten Arien der Operngeschichte. Es ist der fulminante Auftritt eines gewitzten, schlagfertigen, gutaussehenden und erfolgreichen Mannes, der sich stets bestens zu verkaufen weiß - hier als Appetizer auf das ganze Werk ein Auftritt von Thomas Hampson mit dem MET Orchestra unter der Leitung von James Levine, aufgezeichnet im Rahmen der Metropolitan Opera Gala am 23. September 1991:

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Der „Barbier“ ist eine Oper der Superlative: Das erste Repertoirestück der Theatergeschichte, das sich seit der Uraufführung am 20. Februar 1816 ohne Unterbrechung auf den Spielplänen der Opernhäuser hält, gespickt mit zu Gassenhauern gewordenen Melodien, geschrieben von einem 23-Jährigen in knapp drei Wochen. Auch wenn diese unglaubliche Arbeitsleistung heute noch staunen macht: Hier mischt sich musikalisches Genie mit Effizienz. Denn Rossini komponierte nicht alles neu. Die Ouvertüre etwa entnahm er bereits zum zweiten Mal einem seiner weniger erfolgreichen Werke. Misserfolge wurden so oft zur Quelle für neue Projekte, und Pleiten schreckten den jungen Rossini kaum.

Drei Aufführungen empfehle ich Ihnen heute sehr gerne - die erste hat bereits jüngere Operngeschichte geschrieben und hätte von keinem PR-Agenten besser erfunden werden können. In einer Repertoirevorstellung der Rossini-Oper in London bricht sich die Mezzosopranistin Joyce DiDonato das Bein - und singt weiter, anderthalb Akte lang, geschätzte 90 Minuten. Erst dann kommt der Arzt. Die restlichen Barbier-Vorstellungen singt DiDonato im Rollstuhl - und eine dieser Aufführungen wurde im Juli 2009 weltweit aus dem Londoner Royal Opera House Covent Garden übertragen. In den Hauptrollen sind zu erleben Pietro Spagnoli (Figaro), Joyce DiDonato (Rosina), Juan Diego Florez (Graf Almaviva), Alessandro Corbelli (Doktor Bartolo) und Ferruccio Furlanetto (Don Basilio) sowie Chor und Orchester des Londoner Royal Opera House Covent Garden unter der Leitung von Sir Antonio Pappano, der zu Beginn übrigens sehr charmant auf die besonderen Umstände dieser Aufführung hinweist - allein das ist schon sehenswert:

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Die zweite Aufführung wurde im April 2001 im Opernhaus Zürich aufgezeichnet, die Hauptpartien sind mit Manuel Lanza (Figaro), Vasselina Kasarova (Rosina), Reinaldo Macias (Graf Almaviva), Carlos Chausson (Doktor Bartolo) und Nicolai Ghiaurov (Don Basilio) besetzt. Es spielt das Orchester des Opernhauses Zürich unter der Leitung von Nello Santi:

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Und zuletzt noch ein Klassiker des Opernfilms, der 1972 unter der Regie von Jean-Pierre Ponnelle entstand - als "Soundtrack" diente die o. g. Aufnahme mit Claudio Abbado.Die Mitwirkenden sind Hermann Prey (Figaro), Luigi Alva (Graf Almaviva), Teresa Berganza (Rosina), Enzo Dara (Doktor Bartolo) und Paolo Montarsolo (Don  Basilio), es spielt das Orchester der Mailänder Scala unter der Leitung von Claudio Abbado:

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Ihnen allen einen schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler


Handlung

1..Akt
Graf Almaviva hat sich in Rosina, das streng bewachte Mündel des Doktor Bartolo, verliebt. Heimlich bringt er ihr ein Ständchen. Almaviva trifft Figaro, den Barbier von Sevilla, der im Hause Bartolos verkehrt. Von Figaro erfährt der Graf, daß der alte, geizige Bartolo Rosina heiraten will, um an ihre Erbschaft zu gelangen.
Rosina zeigt sich auf dem Balkon. Absichtlich lässt sie ein Billett fallen, dem Almaviva entnimmt, dass sie Näheres über ihren Verehrer erfahren möchte.
Als Bartolo ausgegangen ist, stellt sich der Graf Rosina als Lindoro vor und macht ihr einen Heiratsantrag. Mit einem Bestechungsgeld sichert sich der Graf Figaros Hilfe, um Rosina für sich zu gewinnen. Figaro rät Almaviva, sich in der Verkleidung eines Soldaten Zugang zu Bartolos Haus zu verschaffen.
Rosina sehnt sich nach Lindoro und schreibt ihm. Bartolo kehrt zurück und bekommt Besuch von Don Basilio, dem Musiklehrer. Er warnt Bartolo vor dem Grafen Almaviva, der es auf Rosina abgesehen habe. Basilio weiß auch ein Mittel, um den Grafen aus der Stadt zu vertreiben: die Verleumdung.
Figaro hat die beiden belauscht und teilt ihre Absprache Rosina mit. Sie gibt ihm einen Liebesbrief für Lindoro.
Bartolo entdeckt an Rosinas Händen Tinte, stellt fest, dass ein Bogen Briefpapier fehlt, und wird misstrauisch.
Almaviva erscheint in Bartolos Haus als betrunkener Soldat. Rosina gegenüber gibt er sich als Lindoro zu erkennen. Bartolo will sich mit Hilfe der Wache gegen die Einquartierung Almavivas wehren. Als der eingetroffene Offizier Lindoro jedoch nicht festnimmt, weil er über die Situation inzwischen aufgeklärt worden ist, herrscht allgemeine Verblüffung.

2. Akt
Als Musiklehrer Alonso, der den angeblich erkrankten Basilio vertritt, erscheint Almaviva erneut in Bartolos Haus. Rosina erkennt den verkleideten Lindoro sofort. Der misstrauische Bartolo lässt die beiden nicht aus den Augen. Lindoro gewinnt sein Vertrauen, als er ihm einen Brief Rosinas an Almaviva zusteckt, aus dem die geheime Verbindung der beiden hervorgeht. Es wird eine Musikstunde improvisiert; daraufhin ist Bartolo vollends beruhigt. Von dem modernen Stil der Musik Alonsos und Rosinas hält er allerdings nicht viel; er gibt ein Musikstück aus seiner Jugendzeit zum besten.
Figaro tritt ein, um Bartolo zu rasieren. Unter einem Vorwand entwendet er dem Alten den Balkonschlüssel.
Unerwartet erscheint der angeblich kranke Basilio; doch mit Hilfe einer gut gefüllten Geldbörse des Grafen verschwindet er bereitwillig.
Figaro und Almaviva wollen Rosina um Mitternacht entführen. Begeistert stimmt Rosina dem Plan zu, denn sie möchte ihrem geliebten Lindoro folgen. Bartolo vermutet ein Komplott und jagt alle davon. Er schickt Basilio zum Notar, damit die Vorbereitungen für seine Hochzeit mit Rosina getroffen werden. Seinem Mündel gegenüber verleumdet Bartolo Lindoro. Er behauptet, auf Grund des ihm von Alonso/Lindoro zugesteckten Briefes, Lindoro wolle Rosina dem Grafen Almaviva zuspielen.
Die empörte Rosina erklärt sich daraufhin bereit, Bartolo zu heiraten, und verrät dem Alten den Entführungsplan. Bartolo eilt davon, um die Wache zu alarmieren.
Während eines Gewitters steigen der Graf und Figaro über den Balkon ins Haus ein. Die sich sträubende Rosina klärt der Graf über seine Doppelrolle als Lindoro/Almaviva auf.
Der mit dem Notar zurückkehrende Basilio vereitelt die Flucht der drei Verschwörer. Durch Bestechung kann Figaro Basilio als Trauzeugen gewinnen, dann wird der Ehevertrag zwischen Rosina und dem Grafen unterzeichnet. Dem betrogenen Bartolo überlässt der Graf als Entschädigung Rosinas Mitgift.

Beitrag von sd