Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
eine stürmische Liebe gab den Anstoß für den Klavierzyklus "Carnaval" op. 9: Robert Schumann war einige Monate heftigst in die 18-jährige Ernestine von Fricken verliebt und verlobte sich 1834 sogar heimlich mit ihr. Kennengelernt hat Schumann die junge Frau in Leipzig, als sie Klavierstunden bei Friedrich Wieck nahm - seinem späteren Schwiegervater. Schumann hat die Verlobung zwar wieder aufgelöst, musikalisch aber hat diese kurze Liebe Früchte getragen.
Der Carnaval, ursprünglich von Schumann als Faschingsschwank bezeichnet, ist eine Sammlung von 21 verschiedenen Charakterstücken, entstanden in den Karnevalstagen des Jahres 1835. Schumann ließ sich hier von der Literatur inspirieren, genauer gesagt von Jean Pauls Romanfragment „Die Flegeljahre“, in dem ein Maskenball beschrieben wird. In Schumanns musikalischer Version der Ballszene begegnen sich allerlei Figuren der Commedia dell’arte (Pierrot, Arlequin, Coquette sowie Pantalon und Colombine), aus seinem eigenen Leben - darunter Clara Wieck ("Chiarina") und Ernestine von Fricken ("Estrella") -, aus seiner Fantasiewelt sowie seine Komponistenkollegen Frédéric Chopin und Nicolo Paganini.
In den 21 kurzen Stücken zeigt sich die unfehlbare Begabung Schumanns, menschliche Charaktere und Handlungen in Musik darzustellen und auszudrücken: die Späße des Harlekins, die Koketterie der Damen, die lustig tanzenden Herren, Chopin im Lichte seiner Nocturnes, Paganinis wildes Aufspielen und zuletzt der Marsch des von Schumann fingierten Künstlerkreises „Davidsbündler“ gegen die Spießbürger. Die einzelnen Sätze transportieren ihre künstlerische Botschaft zum Teil in nur wenigen Sekunden.
Im folgenden Link ist ein Mitschnitt des Arthur Rubinstein International Piano Master Competition zu sehen, der alle drei Jahre in Tel Aviv stattfindet. Schumanns Carnaval wurde im Mai 2011 von Boris Giltburg interpretiert:
Und zum Vergleich noch ein Mitschnitt mit dem Namensgeber dieses Wettbewerbs: Arthur Rubinstein spielte Schumanns Carnaval 1966 in Warschau:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler