Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
Peter Planyavsky (*1947) ist als langjähriger Organist am Wiener Stephansdom nicht nur für sein ausgezeichnetes Orgelspiel und seine Improvisationskunst, sondern auch als Autor und Komponist bekannt. In seinen Werken ist oftmals schon im Titel Humor erkennbar - so auch in unserem heutigen Musikstück, diesmal wieder ein Chorstück, das ich selbst oft mit dem Kammerchor PRO MUSICA aufgeführt habe: Der 269. Psalm.
Bereits während der Gymnasialzeit studierte Planyavsky bei Anton Heiller an der damaligen Wiener Musikakademie. Heiler erkannte unmittelbar die außergewöhnliche Begabung seines Musterschülers und ließ diesem entsprechende Förderung zuteil werden. Im Alter von 19(!!!) Jahren absolvierte Planyavsky seine Studien mit Diplomen in Orgel- und Kirchenmusik. Eine anschließende Orgelbauerpraxis ließ ihn „sein“ Instrument so unmittelbar wie nur möglich auch vom Innersten her kennenlernen. Orgelpraxis in Stift Schlägl und zahlreiche Wettbewerbssiege standen vor dem Beginn seiner dauerhaftesten Berufsstation: Mit 22 Jahren wurde er erstmals Domorganist in Wien, von 1983-1990 Domkapellmeister und schließlich noch einmal 13 Jahre Domorganist. Von 1980 bis 2002 bekleidete er außerdem eine Orgelprofessur an der Wiener Musikhochschule.
Vor dem Musik- gerne an dieser Stelle noch ein Lesetipp: Über seine Zeit an seiner langjährigen Wirkungsstätte (1969-2004) hat Peter Planyavsky ein bemerkenswertes Buch geschrieben, das ich im Sommerurlaub nach vielen Jahren ein zweites Mal gelesen habe: "Gerettet vom Stephansdom". Planyavsky beschreibt in seiner Dokumentation die Wiener Dommusik unter seiner Ära und sein Abgang vom Dom, wie es dazu gekommen ist und was die Gründe dafür waren. Jeder, der ernsthaft überlegt Kirchenmusik zu studieren, sollte dieses Buch vor(!!!) Studienbeginn gelesen haben. Fußnote: Gerüchte, dass der Autor dieses Newsletters ein Buch unter dem Titel "Gerettet vom Kaiserdom" plant, können derzeit weder bestätigt noch dementiert werden.
Zurück zur Musik: Wie vertont man einen Psalm, den es gar nicht gibt? In der Bibel sind lediglich 150 Psalmen verzeichnet. Planyavskys Humor schlägt auch hier zu: Er fasst gleich zwei Psalmen (148 und 121) in seiner Komposition zusammen - und kommt dabei auf den "269.": Es ist rhythmisch markantes großes Gotteslob. Das durchgehend mehrschichtig gestaltete Werk mit seinem rhythmischen Grundostinato aus kurzen Staccati, den teilweise wie ferner Glockenklang wirkenden Hintergrundstimmen und dem syllabisch darüberliegenden Textvortrag ist im folgenden Link in einer hörenswerten Interpretation der Regensburger Domspatzen unter der Leitung von Domkapellmeister Christian Heiß zu erleben, aufgenommen im Dom St. Blasien am 24. Oktober 2020:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler