Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
unser heutiges Musikstück stammt von Johann Sebastian Bach: Das Violinkonzert E-Dur BWV 1042.
Bachs E-Dur-Konzert gilt heute zu Unrecht als sein zweites. Zum einen stellen die beiden erhaltenen Violinkonzerte nur einen Bruchteil dessen dar, was er tatsächlich in dieser Gattung komponiert hat. Und zum anderen ist das a-Moll-Konzert ohne Zweifel das spätere; es kann aufgrund seines modernen Stils erst um 1730 in Leipzig entstanden sein. Das E-Dur-Konzert ist dagegen ein typisches Werk der Köthener Zeit (1717-1723), in der Bach bei Fürst Leopold von Anhalt-Köthen als Hofkapellmeister diente.
Der erste Satz enthält in geradezu exemplarischer Form Merkmale des Vivaldi-Stils: ein Orchestervorspiel, das mehrmals wiederkehrt und dabei verändert wird, ein sog. Ritornell, mit einem bestimmten harmonischen Aufbau; klare Dreiklangsmelodik und rauschende Sequenzen; einen figurativen Solopart. Im Gegensatz zu Vivaldi jedoch verschränken sich bei Bach Solostimme und Orchester auf subtile Weise. Außerdem wird das Dreiklangsthema konsequent verarbeitet - über dichten, harmonisch reichen Mittelstimmen, die besonders im Mittelteil zur Geltung kommen. Der Satz hat die Da-Capo-Form einer Opernarie.
Der zweite Satz ist eine großangelegte Passacaglia. Über das Thema, das zu Beginn leise in den Bässen erklingt, entwickeln die hohen Streicher und die Solovioline im Dialog Variationen. Die Form ist so frei gehandhabt, dass sie dem Solisten Gelegenheit zu atmosphärischen Episoden gibt, bevor das Thema wieder einsetzt. Das Finale ist für Bach ungewöhnlich einfach gebaut: ein simples Rondo, dessen energisches Thema unverändert wiederkehrt, während die Solo-Episoden immer virtuoser werden.
Unser heutiger Mitschnitt kommt aus dem hr-Sendesaal in Frankfurt und wurde am 3. Dezember 2021 aufgezeichnet. Vilde Frang musiziert mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Philippe Herreweghe:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler