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21.03.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 453

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

mit unserem heutigen Musikstück betreten wir wieder einmal das Reich der gut erfundenen Geschichten: Wolfgang Amadeus Mozarts Klaviertrio Es-Dur KV 498, vielfach auch als "Kegelstatt"-Trio bekannt, ist ein Sonderfall innerhalb seiner Klaviertrios. Statt einer Violine und einem Violoncello treten hier eine Klarinette und eine Viola zum Klavier. Mozart hat das Werk für das Musizieren mit befreundeten Musikern geschrieben. Dass es allerdings, wie der Titel nahelegt, beim Kegeln entstanden sei, gehört ins Reich der Legende. Mozarts Werk ist das erste in dieser Besetzung, viele weitere Komponisten nach ihm wurden dadurch zu Trios für Klarinette, Viola und Klavier inspiriert.

1786 soll dieses Trio für eine musikalische Soiree bei den Jacquins entstanden sein. Am Klavier saß die Amateurpianistin Franziska Jacquin, Klarinette blies Anton Stadler (für den Mozart später die großartigen Klarinettenwerke komponierte), der Komponist selbst spielte Bratsche. Technisch ist das Es-Dur Trio nicht übermäßig schwer, musikalisch aber stellt es ungeheure Ansprüche, lebt von raschen Emotionswechseln und der stillen Übereinstimmung seiner Interpreten. Es ist vielleicht eines seiner innigsten, aber auch kontroversesten Kammermusikwerke. Der augenscheinlich einfachen melodischen Linie steht eine kompositorisch höchst kunstvolle Konstruktion in ihrer gesamten Anlage gegenüber. Allein schon der erste Satz weist eine Besonderheit auf, die nahezu einmalig ist bei Mozart: er hat keine thematische Entwicklung. Das thematisch-motivische Material wird zwar vorgestellt, die musikalischen Ideen werden aber nicht weiterentwickelt und fortgeführt. Es bleibt bei ihrer Wiederholung.

Nicht zuletzt durch den Stellenwert der Bratsche unterscheidet sich das "Kegelstatt"-Trio deutlich von den anderen Klavier-Trios Mozarts. Weitaus emanzipierter erscheint sie hier als in den vorangegangenen Werken noch das Cello. Sie ist nicht nur Füllstimme, sondern dialogisierender Gesprächsteilnehmer. Drei Instrumente sind hier gleichberechtigt in eine selbstvergessene Unterhaltung vertieft: mal heiter, mal ernst, aber immer voller Zuneigung. Nicht ohne Grund zählt dieses Trio zu Mozarts beliebtesten Kammermusiken. Auch in leicht modifizierter Besetzung (ein Violoncello ersetzt die Bratsche) entfaltet es seine Anmut.

Zwei Mitschnitte möchte ich Ihnen heute empfehlen, zunächst vom Internationalen Kammermusik-Festival Utrecht. Mozarts Es-Dur-Trio wurde dort 2011 mit Martin Fröst (Klarinette), Maxim Rysanov (Viola) und Roland Pöntinen (Klavier) aufgeführt:

www.youtube.com/watch

Zum Vergleich noch ein Mitschnitt vom 18. April 2013 im New Yorker 92nd Street Yard mit Jörg Widmann (Klarinette), Christian Tetzlaff (Viola) und Alexander Lonquich (Klavier):

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd