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15.04.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 615

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

in die neue Woche starten wir südamerikanisch mit George Gershwins Cuban Overture.

1931 hatte sich George Gershwin mit dem Musical "Of Thee I Sing" endgültig am Broadway etabliert. Um seine Stellung auch im Metier der Konzertmusik zu festigen, fand am 16. August 1932 im New Yorker Lewisohn Stadium ein Konzert mit dem New York Philharmonic statt, in dem ausschließlich Werke Gershwins zu hören waren. Auf dem Programm standen u. a. sein Concerto in F und An American in Paris, jenes musikalische Souvenir, das Gershwin von seiner Europareise 1928 mitgebracht hatte. Als Uraufführung war aber noch ein weiteres Reiseandenken zu hören: Anfang 1932 hatte Gershwin einen Kurzurlaub nach Kuba unternommen. Im Hotel angekommen, wurde er von einer Rumba-Band überrascht, die sich unter seinem Fenster versammelt hatte, um dem berühmten Gast ein Ständchen zu bringen. Gershwin war sofort von den Tanzrhythmen der kubanischen Musik fasziniert und schrieb binnen drei Wochen eine Orchesterkomposition in diesem Stil.

Er bezog Bongos, Maracas (Rasseln), Guiro (eine Art Ratsche) und Claves (zwei aufeinander geschlagene Holzstöcke) in das neue Werk ein, das laut Meinung eines Rezensenten sogar Ravels Bolero an Lebendigkeit übertreffe. Laut einer Angabe Gershwins auf der Titelseite der Partitur sollen die Musiker mit den genannten Perkussionsinstrumenten vor dem Orchester Aufstellung nehmen - er wollte damit noch akustische Vorteile erzielt wissen, aber auch die Besonderheit der Instrumente optisch herausstellen. Heftig bewegte Rahmenteile mit demselben thematischen, im ersten Abschnitt polyphon aufgefächerten und im dritten Abschnitt wirkungsvoll verdichteten musikalischen Material umgeben einen ruhigeren Mittelteil, in dem ein Kanon ausgebreitet wird. Polytonale Behandlung der Melodik und vertrackte rhythmische Passagen weisen die Cuban Overture als sehr fortschrittliche Komposition aus. Sie reißt aber unmittelbar mit und erweist sich wahrhaft als das, was Gershwin mit ihr verwirklichen wollte: das "Wesen des kubanischen Tanzes zu verkörpern".

In dem Stadion-Konzert wurde das Stück vor 18.000 Zuschauern noch unter dem ursprünglichen Werktitel "Rumba" aufgeführt. Für die erste Aufführung im geschlossenen Konzertsaal der Metropolitan Opera am 1. November 1932 änderte Gershwin den Titel in Cuban Overture. Gershwin begründet diese Entscheidung folgendermaßen: "Wenn die Leute "Rumba" lesen, denken sie an den "Peanut Vendor" oder ähnliche Schlager. "Cuban Overture" entspricht besser der Absicht und dem Charakter der Musik."

Im folgenden Link sehen Sie das Los Angeles Philharmonic unter der Leitung von Gustavo Dudamel in einem Mitschnitt aus dem Jahr 2011 aus der Walt Disney Concert Hall - und weil das Stück allein mit rund acht Minuten ein wenig kurz ist, folgt noch Gershwins An American in Paris:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler
 

Beitrag von sd