Suche

Musik in schwierigen Zeiten Ansicht

08.03.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 599

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

unser heutiges Musikstück im Rahmen unserer Reihe "Letzte Werke" hat einen besonderen Widmungsträger - es ist "dem lieben Gott" gewidmet: Anton Bruckners Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109. Zehn Jahre lang bis zu seinem Tod arbeitete er an seiner letzten Sinfonie.

Nach ersten Überlegungen zu seiner neunten Sinfonie im Sommer 1887, begann Bruckner das feierliche Adagio im April 1894 zu skizzieren. Zu diesem Zeitpunkt war der Komponist bereits seit zwei Jahren krank. Neben Herz- und Niereninsuffizienz litt er zudem an Atemnot und Wassersucht. Er war durchdrungen von Todesahnungen: „Ich mag die Neunte gar nicht anfangen, ich traue mich nicht, denn auch Beethoven machte mit der Neunten den Abschluss seines Lebens“, erklärte Bruckner einmal seine Scheu, die Komposition einer neunten Sinfonie in Angriff zu nehmen.

Den elegischen Tubensatz im Adagio wollte er bezeichnenderweise als „Abschied von Leben“ aufgefasst wissen. Ein Miserere-Ruf aus dem Gloria der d-Moll-Messe ist das Hauptthema seines Adagio. Zu seinem Arzt Dr. Richard Heller sagte er, er hoffe, dass der liebe Gott ihm so viel Zeit schenken werde, um sein letztes Werk vollenden zu können. Doch das Finale ist lediglich in ausgearbeiteten Skizzen erhalten. Dem Schwerkranken war es nicht mehr vergönnt, diesen Satz zu vollenden. Jedoch konnte er noch die Bitte äußern, als Abschluss der Sinfonie sein Te Deum aufzuführen, das als sein Lieblingswerk galt.

Der Wiener Dirigent und Testamentszeuge Ferdinand Löwe leistete dem Vorschlag des Komponisten bei der Uraufführung 1903 zwar Folge und verwendete das Te Deum als Finale, nahm es aber nicht in seine Ausgabe der Sinfonie auf. Seiner Meinung nach bedürfe die neunte Sinfonie keines Finalsatzes - dieser Auffassung folgten auch die meisten Dirigenten, was dazu führte, dass die Neunte, trotz zahlreicher Rekonstruktionsversuche, vorrangig als dreisätziges Werk aufgeführt wird.

Bis zu seinem Tod arbeitete Anton Bruckner zehn Jahre an dem Werk, das wesentlich zur Mystik des Komponisten beigetragen hat. Seine siebte Sinfonie widmete er König Ludwig II. von Bayern, seine Achte Kaiser Franz Joseph I. von Österreich, doch seine neunte Sinfonie wollte er der „Majestät aller Majestäten“ widmen: "dem lieben Gott“. Die Uraufführung der neunten Sinfonie fand am 11. Februar 1903 in Wien durch das Wiener Concertvereinsorchester - heute: Wiener Symphoniker - mit instrumentalen Änderungen unter der Leitung von Ferdinand Löwe sowie am 2. April 1932 in München unter der Leitung von Siegmund von Hausegger in der Originalfassung statt.

Drei Konzertmitschnitte empfehle ich Ihnen heute, zunächst mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Herbert von Karajan, aufgezeichnet in der Berliner Philharmonie am 24. November 1985:

www.youtube.com/watch

Eines der letzten Konzerte, das Leonard Bernstein mit den Wiener Philharmonikern gab, fand Ende Februar 1990 im Wiener Musikverein statt:

www.youtube.com/watch

Und zum Schluss das NDR Sinfonieorchester (heute: NDR Elbphilharmonie Orchester) unter der Leitung seines Ehrendirigenten Günter Wand, aufgenommen 2001 im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals 2001 in der Lübecker Musik- und Kongresshalle:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Urlaubsgrüßen aus Dänemark

Matthias Wengler

Beitrag von sd