Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
unser heutiges Musikstück kommt aus Frankreich: Die Suite bergamasque von Claude Debussy.
Dieses Werk enthält das wahrscheinlich bekannteste Klavierwerk Debussys, "Clair de lune"; die restlichen drei Stücke des Zyklus haben nie diesen Bekanntheitsgrad erreicht, Kein Wunder, denn sie haben eine ganz andere, an barocken Vorbildern orientierte Tonsprache. So fällt "Clair de lune" mit seiner spätromantischen und frühimpressionistischen Klangwelt tatsächlich etwas aus dem Rahmen dieses Zyklus, dessen Entstehungsgeschichte nicht eindeutig geklärt ist.
Als Einstimmung auf die Suite bergamasque hier zunächst der Satz "Clair de lune" mit Daniel Barenboim, gespielt nach einer Zugabe in einem Konzert mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Münchner Philharmonie am Gasteig am 10. November 2017 :
In seiner Reihe "5 Minutes on..." stellte Daniel Barenboim Debussys "Claire de Lune" 2018 ebenfalls vor:
Zeitlebens war Claude Debussy ein Bewunderer der großen französischen Cembalomeister des Barock: „Nichts kann entschuldigen, dass wir die Tradition der Werke eines Couperin und Rameau vergessen haben, die in der Fülle ihrer genialen Einfälle fast einzigartig ist.“ Heute kann von einer solchen Vernachlässigung der französischen Barockmusik nicht mehr die Rede sein. Sie steht auf dem Programm aller Cembalisten, zahlreicher Barockensembles - und auch mancher Pianisten.
Um 1900 kannte man diese Musik nicht mehr und noch nicht wieder - nicht einmal in Frankreich. Deshalb plädierte Debussy als patriotisch gesinnter „musicien français“ für eine Renaissance des französischen Barock. Auch ganz konkret dienten ihm die Cembalostücke seiner großen Vorgänger als Vorbilder zu eigenen Klavierwerken wie der Suite bergamasque.
Ihr Titel erklärt sich wie folgt: Im Italienischen versteht man unter dem „Bergamasco“ die Gegend um die ehemals venezianische Festungsstadt Bergamo unweit des Comer Sees. Diese Region gilt als Heimat der Commedia dell’arte, der italienischen Stehgreif- und Straßenkomödie mit ihren stets gleichen Charakteren unter auffälligen Masken wie Arleccino, Pantalone oder Columbina. Im 18. Jahrhundert wurde diese typisch italienische Form der Komödie auch in Paris populär. Noch in Debussys Jugendzeit regte sie die französischen Dichter an, unter anderem Paul Verlaine. In einem seiner Gedichte prägte er das Wortspiel „masques et bergamasques“, also „Masken und Bergamasken“. Aus dieser Quelle schöpfte der junge Debussy die Idee zu seiner Klaviersuite.
Die Suite bergamasque zählt zu den früheren Werken Debussys, die ungefähr um 1890 entstanden ist. Zu dieser Zeit, Debussy war Ende 20, hatte er seinen Durchbruch als Komponist noch nicht geschafft, und die entstehenden Werke, die er an Verleger verkaufte, landeten dort im Archiv und wurden nicht gedruckt. Erst 1902 tauchte die Suite bergamasque wieder auf, als der Verleger Fromont Debussy-Werke erwarb. Ursprünglich hatte die Suite die Satzfolge "Prélude", "Menuet", "Promenade sentimentale" und "Pavane". Im Jahr 1905 erschien das viersätzige Werk dann mit den Sätzen "Prélude", "Menuet", "Clair de lune" und "Passepied", wobei unklar ist, ob die neu betitelten Sätze 3 und 4 Neukompositionen waren, die Stücke von Debussy überarbeitet wurden, oder sich tatsächlich nur die Titel geändert hatten.
Die komplette Suite bergamasque können Sie jetzt mit Nikolai Lugansky erleben, der Mitschnitt entstand 2010 in Moskau:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler