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13.03.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten -450

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

die 450. Ausgabe dieser Reihe soll einem großen Oratorium gewidmet sein: "Elias" von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Das Oratorium entstand im Jahr 1844, als Mendelssohn mit 35 Jahren bereits auf dem Höhepunkt seiner Karriere stand. Bei seinem Aufenthalt in London hatte er eine Reihe überaus erfolgreicher Konzerte gegeben und erfuhr dabei eine herausragende Bewunderung des englischen Publikums. Seine Bedeutung für die Musik in Großbritannien war derart, dass er 1846 zum Direktor des Birmingham Festivals ernannt wurde: Dies gab ihm die Gelegenheit, sein neues Werk "Elias" (im englischen Original „Elijah“) als Höhepunkt des Festivals zu präsentieren. Von London aus, wo er am 18. August angekommen war, wurde am 23. August die gesamte Produktion mit 125 Orchestermusikern und 271 Chor-Mitgliedern per Sonderzug nach Birmingham auf den Weg gebracht.

Die Premiere am 26. August 1846 brachte einen triumphalen Erfolg: Die etwa 2.000 Zuschauer brachen in frenetischen Beifall aus, der alle sonst bei religiösen Werken übliche Zurückhaltung vergessen ließ. Musiker und Publikum überschütteten Mendelssohn mit enthusiastischem Beifall. Erst nach Zugaben von vier Chorstücken und vier Arien endete Mendelssohns erfolgreichste Premiere.

Trotz des herausragenden Erfolgs begann Mendelssohn nach seiner Rückkehr in Leipzig mit einer Überarbeitung des "Elias", die er dann im April 1847 noch sechsmal in London aufführte. Für den Herbst plante Mendelssohn eigene Aufführungen in Berlin und Leipzig. Da er aber plötzlich erkrankte und schließlich am 4. November 1847 mit nur 36 Jahren an den Folgen mehrerer Schlaganfälle verstarb, konnte er selbst sein Werk nicht mehr in der deutschen Fassung hören. Die deutschen Premieren-Aufführungen fanden schließlich am 27. November 1847 in Berlin und am 3. Februar 1848, dem Geburtstag des Komponisten, in Leipzig statt.

Während "Elias" seine Popularität in England und Amerika bis heute erhalten konnte - 1846 wurde das Werk in England sogar teilweise auf eine Stufe mit Händels "Messias" gestellt - war die Aufnahme in Deutschland kühler. Das nüchterner eingestellte Publikum des frühen 20. Jahrhunderts empfand die Musik als zu romantisch. Zudem verschwand "Elias" in Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus aus antisemitischen Gründen ganz aus den Konzertprogrammen. Heute hat das Werk jedoch mit seiner packenden szenischen Dramatik und den mitreißenden Chören wieder seinen festen Platz in der sinfonischen Chormusik und in den Konzerthäusern der Welt gefunden. 

Erzählt wird die altbiblische Geschichte des Propheten Elias, der sich gegen die polytheistischen Tendenzen seines Volks Israel auflehnt, damit es sich wieder ganz Jahwe zuwendet. Dabei bildet die Sorge des Volks Israel um Wasser den Spannungsbogen, wenn Elias zu Beginn eine mehrjährige Wasserknappheit vorhersagt, der dann in der kämpferischen Auseinandersetzung mit König Ahab und den Baalspriestern gipfelt und schließlich mit dem großen Regenwunder endet, das Elias den Jubel des Volkes einträgt.

Der weniger dramatische zweite Teil des Oratoriums zeigt uns einen resignierenden, lebensüberdrüssigen Elias, der nach einer Zeit in der Wüste am Tiefpunkt seines Lebens angelangt ist und schließlich vor der bitteren Niederlage steht. Die Königin hetzt das Volk zum Mord am unbequemen Mahner Elias auf, der in der Wüste von Engelschören auf den Berg Horeb geleitet wird und in der Begegnung mit dem unsichtbaren Gott den Höhepunkt seines Prophetenlebens erfährt. Er zieht erneut und mit neuem Mut zum Kampf gegen die Götterverehrer aus und fährt am Ende seines Lebens in einem feurigen Wagen gen Himmel. Der Schluss kündigt dann die Ankunft des Messias (nicht aber explizit Christus) an, der sein Wirken fortführen wird.

Unser heutiger Konzertmitschnitt kommt aus Frankreich, am 27 Juni 2014 war "Elias" beim Festival de Saint-Denis in der dortigen Basilika in folgender Besetzung zu erleben: Lucy Crowe, Christianne Stotijn, Rainer Trost, Michael Nagy, der Choeur de Radio France und das Orchestre National de France unter der Leitung von Daniele Gatti.

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd