Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
in dieser Ausgabe erwartet Sie zum 1. Mai ein besonders heiteres, spritziges Werk: Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385, auch als "Haffner"-Sinfonie bekannt. Das Werk stand auf dem Programm des ersten Europakonzerts der Berliner Philharmoniker, das seit 1991 alljährlich am 1. Mai an einem besonderen historischen Ort stattfindet.
Auch ein Wolfgang Amadeus Mozart kam beruflich mal mächtig ins Schwitzen. Das endgültige Zerwürfnis mit dem Salzburger Erzbischof führte ihn 1781 nach Wien, wo er sich als freischaffender Komponist und Musiklehrer verdingte. Dort setzte er sich wieder an seine große c-Moll-Messe, schrieb ein Rondo für Violine und Orchester sowie eines für Horn und Orchester, komponierte darüber hinaus zwei Serenaden und seine „Entführung aus dem Serail“, auch sein „Leck mich am A...“-Kanon fiel in diese Zeit.
In diese recht stressige Schaffensphase ploppte dann auch noch ein weiterer Auftrag auf, den sein Vater Leopold vermittelte: Sigmund Haffner der Jüngere, dem Mozart schon einige Jahre zuvor eine Serenade gewidmet hatte, sollte in den Adelsstand erhoben werden - ein Ereignis, das musikalisch durch ein neues Orchesterwerk aus der Feder von Wolfgang Amadeus begleitet werden sollte. Ganz nebenbei musste Mozart übrigens seine bevorstehende Hochzeit mit Constanze Weber organisieren.
Im Frühling des darauffolgenden Jahres jedoch erklang das Werk erstmals im Burgtheater. Es sollte beileibe nicht die letzte Vorstellung des kompositorischen Schnellschusses bleiben. Alles ist feierlich, energisch, klangschön, und doch komponierte Mozart nachgerade subversiv für die Zuhörer klitzekleine Stolpersteine ein. Mozart notierte einst zu seinem Werk: „Das erste Allegro muss recht feurig gehen, das letzte so geschwind, als es möglich ist.“ Mozarts "Haffner"-Sinfonie ist ein einziger Rausch, der weit über die zwanzig Minuten der Sinfonie hinaus anhält.
Von symbolischer Bedeutung sind für das Europakonzert der Berliner Philharmoniker sowohl das Datum des 1. Mai, mit dem an die Gründung des Orchesters am gleichen Tag im Frühling 1882 erinnert wird, wie auch das Jahr 1991, in dem das Konzert zum ersten Mal stattfand. Die ersten Planungen des Projekts reichen zwar in die Vorwendezeit zurück, seine Geburtsstunde aber erlebte das Europakonzert im Lichte der Wiedervereinigung Deutschlands und im Zeichen veränderter Ost-West-Beziehungen. "Wir wollen mit unserer musikalischen Aktivität einen kulturellen Akzent im sich neu ordnenden Europa setzen", hieß es denn auch damals in einem Statement der Berliner Philharmoniker.
Wolfgang Amadeus Mozart, bis heute Inbegriff eines europäischen Komponisten, stand im Zentrum des ersten Europakonzertes in Prag, das 1991 ins 200. Todesjahr Mozarts fiel. Mozarts "Haffner"-Sinfonie bildete den Abschluss, der frisch gekürte Chefdirigent Claudio Abbado musizierte im Smetana-Saal des Prager Gemeindehauses:
Und noch ein Tipp: Auch heute wird das Europakonzert der Berliner Philharmoniker live in der ARD ab 11 Uhr übertragen, diesmal aus der Basilika Sagrada Familia in Barcelona - auf dem Programm stehen ebenfalls Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, u. a. die Krönungsmesse. Es musizieren Louise Alder, Wiebke Lehmkuhl, Linard Vrielink, Krešimir Stražanac und der Orfeó Català unter der Leitung von Kirill Petrenko:
Das Konzert ist im Anschluss auch in der ARD-Mediathek verfügbar.
Ihnen allen einen guten Start in den Mai mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler