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09.12.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 712

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

Kammermusik von Robert Schumann erwartet Sie in der heutigen Ausgabe, indirekt sogar mit weihnachtlichem Bezug - und dies gleich in unterschiedlicher Besetzung mit den Drei Romanzen op. 94.

Egal ob vor Geburtstagen oder vor Weihnachten, immer wieder stellt sich die Frage: Was soll man denn nur verschenken? Wenn es zeitlich wieder knapp wird und die zündende Idee weiterhin auf sich warten lässt, dann gibt es noch einen Notfallplan: den Gutschein. Das ist zwar kein sonderlich originelles oder aufregendes, aber immerhin ein ganz praktisches Geschenk. Auf dem Gabentisch der Familie Schumann lagen vermutlich keine Gutscheine. Robert Schumann konzentrierte sich auf das, was er besonders gut konnte: Komponieren. Zu Weihnachten 1849 schenkte er seiner Frau Clara eine Komposition - die Drei Romanzen für Oboe und Klavier op. 94.

Robert Schumann war natürlich Profi durch und durch: Er komponierte sein Weihnachtsgeschenk in einer knappen Woche. Das verwundert auch nicht, denn etwas später bezeichnete Schumann das Jahr 1849 als seine künstlerisch produktivste Phase. Damals war für ihn die Zeit des „kleinen Genres“ angebrochen, es entstanden einige Duo-Kompositionen mit Klavierbegleitung. Dabei nahm er jeweils ein im Repertoire eher vernachlässigtes Instrument in den Blick: Klarinette, Horn, Cello und eben die Oboe. Robert Schumann hatte klare Vorstellungen, wie man mit diesen Instrumenten umgehen sollte. Nur wenige Wochen bevor er sich an die Romanzen setzte, schrieb er an seinen Schwager, der ebenfalls komponierte: „Lerne die Instrumente recht in ihrer natürlichen Kraft, der Mittellage, anwenden, vermeide Alles zu Hohe oder zu Tiefe - dann wird es immer schön klingen. So bist Du auch über die Oboe im Unklaren, sie klingt am schönsten vom h' bis a''. Dies nur beiläufig.“

Drei Wochen später liefert Schumann mit den Drei Romanzen op. 94 den kompositorischen Beweis für seine These: Und Robert Schumann wusste, wie man das Holzblasinstrument von seiner Schokoladenseite zeigt! Die Oboe bewegt sich größtenteils in der Mittellage - ganz so, wie er es auch seinem Schwager geraten hat.
Höhere Spitzentöne werden nur ab und an eingestreut. Sie verleihen dem Werk die gewisse Würze. Auch sonst macht die Komposition ihrem Titel alle Ehre: Oboe und Klavier scheinen miteinander zu flirten. Sie umschmeicheln und umkreisen sich. Da kann vermutlich kein Gutschein dieser Welt mithalten.

Und so kommt hier die erste Empfehlung auch gleich in Star-Besetzung - Albrecht Mayer und Hélène Grimaud:

www.youtube.com/watch

Zum Vergleich: Die Drei Romanzen in der Fassung für Klarinette und Klavier mit Pascal Moraguès und Hélène Grimaud, aufgezeichnet 2001 in der Pariser Cité de la Musique:

www.youtube.com/watch

Und zuletzt noch die Fassung für Violoncello und Klavier mit Steven Isserlis und Radu Lupu - das Konzert fand anlässlich des 60. Geburtstag von Steven Isserlis am 19. Dezember 2019 in der Londoner Wigmore Hall statt:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd