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14.02.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 436

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

unser heutiges Musikstück ist wieder einmal ein Griff in die Raritätenkiste: Die Ouvertüre zur Schauspielmusik "Rosamunde" D 797 von Franz Schubert.

Franz Schubert und das Theater - das war keine Liebesbeziehung. Doch obwohl der Meister des lyrischen Kunstlieds sich zunächst nicht als geborener Dramatiker präsentierte, hatte er dennoch den Ehrgeiz, für die Bühne zu komponieren. In seiner Spätphase gelangen ihm mit "Alfons und Estrella" und "Fierrabras" zwei Opern, die sich bis heute hin und wieder auf den Spielplänen finden. Was jedoch kaum bekannt ist: Schubert schuf darüber hinaus noch mehr als ein Dutzend Singspiele, Possen, Melodramen und Schauspielmusiken. Aber diese Gelegenheitswerke litten schon in ihrer Entstehungszeit unter dem Umstand, dass sie nur zur Repräsentation kleinerer Theater geschrieben wurden. Text und Musik waren zweitrangig, und die Stücke verschwanden bald vom Spielplan.

So auch das Melodram "Die Zauberharfe", das 1820 für das Theater an der Wien entstand. Glück im Unglück hatte einzig die Ouvertüre. Für die Musik zu Helmina von Chézys Schauspiel "Rosamunde" hatte Schubert 1823 zunächst das Vorspiel zu "Alfons und Estrella" vorgesehen. Nach der Uraufführung empfand er dieses jedoch als unpassend. So erklang in der zweiten Aufführung der "Rosamunde" die Ouvertüre zur "Zauberharfe", deren vom Dunkel ins Licht führender musikalischer Verlauf besser zum glücklich endenden Drama um die zypriotische Prinzessin passt. Chézys Schauspiel war ein grandioser Misserfolg. "Nichtssagend, ermüdend und unnatürlich", so lautete der Kommentar eines Kritikers. Bereits nach der zweiten Aufführung verschwand das Stück von der Bühne, mit ihm auch Schuberts fünf dazugehörige Orchesterstücke, zwei Ballette und drei Zwischenaktmusiken. Im Gegensatz zu der harten Kritik über das Libretto waren Publikum und die meisten Kritiker sehr begeistert über die Musik Schuberts. Besonders die recycelte Ouvertüre gehört seitdem zum Kanon der Konzertmusik.   

Eine Wiederauferstehung erlebten einige Musiknummern, als sie lange nach Schuberts Tod zusammen mit der Ouvertüre zum Zauberspiel "Die Zauberharfe" als Musik zu "Rosamunde" erneut veröffentlicht wurden. Einige Ausschnitte daraus sind auch aus anderen Werken Schuberts bekannt, in denen Schubert sie nochmals verwendet hat: so in dem deshalb so benannten "Rosamunde"-Streichquartett sowie in einem Impromptu für Klavier - musikalische Wiederverwertung auf höchstem Niveau.

Nach dieser komplizierten Entstehungsgeschichte nun also Schuberts "Rosamunde"-Ouvertüre C-Dur D 644. Ausgewählt habe ich einen Mitschnitt des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, das am 19. November 2018 mit Zubin Mehta in der National Concert Hall in Taipeh gastierte:

www.youtube.com/watch

Und als Bonus folgen noch weitere Stücke aus der "Rosamunde"-Schauspielmusik; zunächst mit Claudio Abbado und dem Mahler Chamber Orchestra:

www.youtube.com/watch

www.youtube.com/watch

Wie bereits erwähnt, findet sich Musik aus "Rosamunde" auch seinen Impromptus wieder. Hier das Impromptu Nr. 3 B-Dur D 935 - Vladimir Horowitz spielte es 1986 in seinem legendären Moskauer Recital:

www.youtube.com/watch

Und zum Abschluss noch das ebenfalls bereits erwähnte "Rosamunde"-Streichquartett - das Quatuor Ebène spielte Schuberts Streichquartett Nr. 13 a-Moll D 804 am 25. August 2010 beim Festival Wissembourg:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd