Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
ein kurzes Klavierstück von Franz Schubert mit "Ohrwurm"-Qualität stelle ich Ihnen in der heutigen Ausgabe vor: Die Ungarische Melodie h-Moll D 817.
Von Ende Mai bis Mitte Oktober 1824 fuhr Schubert zum zweiten Mal nach Zseliz in Ungarn zum Sommersitz des Grafen Johann Karl Esterházy von Galántha. Schon sechs Jahre zuvor war er dort und soll sich damals in die Comtesse Karoline verliebt haben. Jetzt kam er als Musiklehrer für die Fürstenfamilie und in Begleitung von Sängerfreund Johann Vogl.
Am 25. Mai ging die Reise los, und zunächst war sie eher ein Vergnügen. Doch im September schrieb Schubert seinem Freund Franz von Schober: "Nun sitz ich allein im tiefen Ungarlande, in das ich mich leider zum zweiten Male locken ließ, ohne auch nur einen Menschen zu haben, mit dem ich ein gescheites Wort reden könnte." Wenigstens konnte er etwas Gescheites komponieren: das dreisätzige Divertissement à l’hongroise D 818 für Klavier zu vier Händen; bis zur Abreise nach Wien war es beendet.
Am 2. September entstand die Ungarische Melodie h-Moll D 817 - für zwei Hände, quasi die Urfassung des Divertissement-Schlusssatzes, der dann später in g-Moll notiert wurde und noch deutlich an Format zunahm. Nach einem Bericht des befreundeten Karl von Schönstein soll Schubert "das Thema, ein ungarisches Lied, zu Zseliz in der Küche des Grafen Esterházy, woselbst es eine ungarische Küchenmagd sang", aufgeschnappt haben.
Dre Interpreten stelle ich Ihnen heute zur Auswahl, zunächst András Schiff, der dieses Stück 2011 als Zugabe in einem Konzert der BBC Proms in der Londoner Royal Albert Hall wählte:
David Fray in einem Ausschnitt der "Matinale culturelle" vom 13. März 2015:
Und zuletzt Alfred Brendel, der mit seinen Schubert-Interpreationen Musikgeschichte schrieb:
Eine vierte Interpreation können Sie demnächst live hören: Die Ungarische Melodie wird das Komponistenporträt "Franz Schubert: Eine musikalische Biografie" eröffnen, das ich am 4. November in Destedt gemeinsam mit Corinna Tjiang (Lesung) und Marco Vassalli (Bariton) gestalte. Seien Sie hierzu herzlich willkommen, Karten sind bereits im Vorverkauf erhältlich:
Sonnabend, 4. November 2023, 18:00 Uhr, Epiphanias-Kirche, Destedt
Franz Schubert: Eine musikalische Biografie
Lieder und Klavierwerke von Franz Schubert
Corinna Tjiang, Lesung * Marco Vassalli, Bariton * Matthias Wengler, Klavier
Eintritt: 20 € / 10 € ermäßigt für Schüler/Studenten
Vorverkauf: Buchhandlung Kolbe - Sarinas Bücher- und Spieleparadies / www.coramclassic.de
Und zum Schluss noch das bereits erwähnte Divertissement à l’hongroise D 818 für Klavier zu vier Händen, es musizieren Vladimir und Vovka Ashkenazy, der Mitschnitt entstand am 2. Mai 2015 im National Centre for the Performing Arts in Peking:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler