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10.09.2025 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 820

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

mit einem heiteren Werk soll heute der Opernsommer in dieser Reihe abgeschlossen werden: "Don Pasquale" von Gaetano Donizetti.

"Don Pasquale" gehört zu Donizettis letzten Opern. Der Komponist schrieb sein Dramma buffo über einen älteren Herrn, der noch einmal das Glück in seinem Leben sucht und eine junge Frau ehelichen möchte, kurz bevor seine Syphilis vollends ausbrach. Die Krankheit ließ Donizetti - umgeben von Erbschleichern - tragisch in einer Irrenanstalt dahinsiechen.

In der Oper wird Don Pasquale ein übler Streich gespielt: Die hübsche Norina gibt sich als Unschuld vom Lande aus, entpuppt sich aber nach der Hochzeit mit Don Pasquale als regelrechte Furie, die dem überraschten Bräutigam das Leben zur Hölle macht. Am Ende will Pasquale seine junge Braut nur noch loswerden. "Wer sich im hohen Alter noch vermählt, ist ganz schön naiv", lautet das lakonische Fazit von Norina, die nun endlich Pasquales Neffen Ernesto heiraten kann, dem Pasquale die Hochzeit mit Norina verboten hat und ihn aus Misstrauen aus dem Haus geworfen hat. Bei allem Spaß des Publikums an der Lektion, die Pasquale verabreicht wurde, schafft es Donizetti jedoch auch, Mitleid für die Titelfigur zu erzeugen - so machen Norina und ihr Verbündeter Dottor Malatesta, Pasquales vermeintlicher Ratgeber, durchaus auch eine zweifelhafte Figur in diesem Spiel. Die ausführliche Handlung finden Sie auch heute wieder am Ende der Ausgabe.

Das Libretto schrieb Donizetti selbst. Als Vorlage diente ihm die komische Oper „Ser Marc´Antonio“ von Stefano Pavesi und Angelo Anelli. Das Libretto für "Don Pasquale" entstand wohl unter der Mitwirkung von Giovanni Ruffini, der aber schließlich nicht mehr bereit war, seinen Namen herzugeben, da Donizetti sehr stark eingriff. So wurde das Libretto vorerst unter den Initialen M.A. publiziert. Berühmte Typen der alten Commedia dell´Arte wurden darin verwendet. Donizetti soll die Oper als Auftragswerk in nur wenigen Wochen komponiert haben, als er 1842 in Paris war.

Die Uraufführung der Oper fand am 3. Januar 1843 in Paris statt und wurde zum großen Erfolg. Sie kann seit dem 19. Jahrhundert auf eine fast durchgehende Aufführungspraxis verweisen. Zwischen hanebüchener Komik, aufrichtigem Empfinden und schönsten Gesangspartien entspinnt sich Donizettis "Don Pasquale" als gewagter Spagat zwischen Opera buffa und höchster Belcanto-Kunst. Schon bei seiner Uraufführung ein riesiger Erfolg, ist dieses derb-amüsante Werk eine Studie über menschliche Abgründe, Begehrlichkeiten und die Frage danach, wie man sein eigenes Glück erschaffen kann.

Die heutige Aufführung kommt aus dem Opernhaus Zürich, 2006 inszenierte dort Grischa Asagaroff Donizettis "Don Pasquale". Die Hauptpartien sind besetzt mit Isabel Rey (Norina), Juan Diego Florez (Ernesto), Oliver Widmer (Malatesta) und Ruggero Raimondi (Don Pasquale). Es musizieren Chor und Orchester des Opernhauses Zürich unter der Leitung von Nello Santi:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler


Handlung

Don Pasquale, ein älterer, wohlhabender Junggeselle, hat seinen Neffen Ernesto an Kindes statt grossgezogen. Nun, da Ernesto im heiratsfähigen Alter ist, hat der Onkel für ihn eine standesgemäße Frau ausgesucht. Pasquale hält seinen Neffen für einen romantischen, lebensunerfahrenen Träumer und glaubt, für ihn diese Entscheidung treffen zu müssen, die doch auch dazu dienen soll, dass sein Besitz für weitere Generationen erhalten bleibt.
Doch Ernesto widersetzt sich, er ist unsterblich in Norina verliebt, eine verarmte junge Witwe. Diese hat er über den Dottore Malatesta kennengelernt, den Lebensberater und Arzt seines Onkels.
Weil sich Ernesto kontinuierlich weigert, die Frau zu heiraten, die sein Onkel ihm vorgeschlagen hat, will Don Pasquale in seiner Sturheit nun anderweitig sichergehen, dass das Erbe des Hauses nicht verschleudert wird. Er, der sich nie einer Frau genähert hat, will nun trotz seines Alters eine junge und hübsche Traumfrau finden, diese heiraten und zu seiner Universalerbin machen.
Don Pasquale weiht Dottore Malatesta, nicht wissend, dass dieser auch mit Norina und Ernesto befreundet ist, in seine Heiratspläne ein. Malatesta verspricht Pasquale, ihm bei der Suche nach der Traumfrau behilflich zu sein.
Malatestas Plan jedoch ist in Wirklichkeit, Pasquale von seinem Heiratsplan abzubringen und Ernesto zu helfen, Norina zu heiraten. Damit wäre er selbst auch in Zukunft dem Hause Pasquale verbunden, mit allen finanziellen Vorteilen, die das mit sich bringen könnte.

Erster Akt
Malatesta hat gute Nachrichten für Don Pasquale. Die Traumfrau ist gefunden: Es ist seine eigene Schwester, Sofronia. Sie hat gerade ihre Schulausbildung im Nonnenkonvent abgeschlossen und ist eine junge, bescheidene Person mit dem Aussehen eines Engels. Noch am heutigen Tag wird er sie Pasquale vorstellen. Pasquale ist ausser sich vor Freude und sieht sich schon als Vater einer um ihn herum tanzenden Kinderschar. Ein neues Leben kann beginnen und wichtige Entscheidungen müssen getroffen werden.
Er unterrichtet etwas voreilig seinen Neffen von seinen Heiratsplänen, enterbt ihn kurzerhand und setzt ihn vor die Tür. Für ihn sei nun kein Platz mehr im Haus. Ernesto sieht sich plötzlich in alle Ewigkeit verarmt auf der Strasse sitzen und glaubt, dass er nun auch seiner Freundin Norina keine gesicherte Existenz bieten kann. Schmerzvoll teilt er ihr in einem Brief mit, dass er sich aus diesem Grund von ihr trennen muss.
Norina ist entsetzt, als sie den Abschiedsbrief liest, zumal darin steht, dass Malatesta, dem auch sie vertraut, dem alten Pasquale seine Schwester als Frau verschachern will. Doch Malatesta klärt das Missverständnis auf: Diese Ehe soll eine Scheinehe sein. Norina selbst soll sich als die Klosterschülerin Sofronia ausgeben, während Malatestas Cousin Carlotto den Notar spielen und die Ehe schließen soll. Innerhalb von wenigen Stunden würde sich die falsche Sofronia Pasquale als keifende Ehefrau zeigen und ihn für immer von seinen Heiratsplänen kurieren. Und damit würde einer offiziellen Ehe zwischen Ernesto und Norina nichts mehr im Wege stehen.
Norina lässt sich auf das Abenteuer ein.

Zweiter Akt
Malatesta präsentiert Norina als seine scheue Schwester Sofronia. Pasquale ist entzückt, mehr als das: Er verliebt sich in sie und möchte sie auf der Stelle heiraten. Schon ist der falsche Notar zur Stelle und die Heiratsurkunde soll unterschrieben werden, als Ernesto die Zeremonie unterbricht und sich mit gepackten Koffern tief gekränkt von seinem Onkel verabschieden will.
Malatesta hatte, um Komplikationen und Einwände zu vermeiden, Ernesto nicht in die Intrige eingeweiht. Nun sieht Ernesto seine Norina als Ehefrau seines Onkels vor sich und wird zudem noch gezwungen, als Zeuge den Ehevertrag zu unterschreiben. Er traut seinen Augen nicht.
Doch kaum ist der Vertrag unterzeichnet, zeigt die sanftmütige Sofronia ein anderes Gesicht und Ernesto versteht, dass auch er eine Rolle in einer Komödie spielt. Die falsche Sofronia ordnet im Befehlston grundlegende Änderungen in dem laut Ehevertrag ihr gehörenden Haus an: vollkommen neue Möblierung und Dekoration, neue Wagen, deutliche Aufstockung der Dienerschaft, höhere Gehälter für diese und so weiter und so fort. Pasquale traut seinen Augen nicht, es packt ihn Wut und Verzweiflung, dass er so leichtgläubig war. Malatesta gibt vor, seine Schwester Sofronia nicht mehr wiederzuerkennen.

Dritter Akt
Innerhalb weniger Stunden hat sich das Leben in dem bislang so bescheiden geführten Haus verwandelt. Rauschende Feste werden gefeiert, Dienstboten kommen und gehen, man weiss gar nicht, woher so viele neue Diener und Gäste plötzlich aufgetaucht sind. Und zum Entsetzen Pasquales will Norina in der Hochzeitsnacht selber in großer Abendrobe das Haus verlassen und ausgehen. Als er sie daran hindern will, macht sie ihm handgreiflich klar, dass er ihr nichts zu sagen hat, so wie er es selbst in dem Ehevertrag diktiert hat.
Pasquale will nur noch eines, und dies nach wenigen Stunden Ehe: die Scheidung. Erst recht, als er einen an seine Frau adressierten Liebesbrief findet. In dieser Nacht erwartet sie im Garten des Hauses einen Liebhaber zum Rendez­vous.
Pasquale, der immer noch nicht ahnt, dass er einer Intrige erliegt, bittet noch einmal seinen Ratgeber Malatesta um Hilfe und Unterstützung. Nun kommt Malatesta aber auch ins Schwitzen, als er hört, dass Pasquale seine Frau bei dem Rendezvous mit dem Liebhaber überraschen und die Ehebrecherin dann sofort der Polizei ausliefern will. Malatesta verspricht ihm, auch ohne Hilfe der Obrigkeit, dafür zu sorgen, dass seine Schwester in eine Scheidung einwilligt.
Im nächtlichen Garten treffen sich Don Pasquale, Norina als seine Ehefrau Sofronia, Ernesto, der weiterhin von Norina träumen darf, Malatesta und sein Cousin Carlotto. Pasquale bezichtigt seine Frau der Untreue, und nun führt Malatesta für ihn das Wort, denn Don Pasquale hat ihm Carte blanche gegeben: Er erklärt seiner vermeintlichen Schwester, dass sie sich damit abfinden muss, dass ab dem nächsten Tag eine weitere Frau das Haus beziehen wird: Ernestos Braut, eine gewisse Norina. Die falsche Sofronia ist entsetzt, nie würde sie es dulden, dass diese Norina mit ihr unter einem Dach leben wird. Sie besteht auf einem Beweis, dass dies keine Finte ist, um sie aus dem Haus zu vertreiben. Malatesta überzeugt Pasquale, dass er Ernesto nun doch mit Norina verheiraten muss. Pasquale ist zu allem bereit, was ihn aus der Ehehölle mit Sofronia befreien könnte. Augenblicklich soll Norina kommen. Doch nun fallen die Masken: Man erklärt ihm, dass Norina die Frau ist, in die er sich verliebt hat, die er geheiratet hat, die er gehasst hat und die er nun loswerden wollte. Die echte Sofronia sei nach wie vor in der Klosterschule.
Pasquale hat von allem genug und erklärt sich einverstanden mit dem, wogegen er sich so sehr gewehrt hatte: dass sein Neffe Norina, eine junge Witwe mit zweifelhaftem Ruf, heiratet. Norina versucht, Pasquale versöhnlich zu stimmen.

Beitrag von sd