Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
in der heutigen Ausgabe erwartet Sie wieder einmal ein Werk für Cello - die Sinfonia concertante e-Moll op. 125 für Violoncello und Orchester von Sergej Prokofjew.
Dieses Werk ist untrennbar mit Mstislav Rostropowitsch verbunden. Der junge Cellovirtuose hatte entscheidenden Anteil an der Entstehung und Gestalt der Werke für Violoncello, die Prokofjew nach seiner Rückkehr in die Sowjetunion in Angriff nahm. Unterbrochen von der Arbeit am zweiten Violinkonzert und an dem Ballett "Romeo und Julia", hatte sich die Komposition des Cellokonzerts op. 58 jahrelang hingezogen. Die Uraufführung Ende 1938 beschrieb Ohrenzeuge Svjatoslav Richter als „völliges Fiasko“.
Der Komponist hätte die Noten wohl nie wieder angerührt, wäre nicht ein Jahrzehnt später ein gottgeliebter Cellojüngling aufgetaucht, der sich des geschmähten Werks bravourös und vorurteilslos annahm (in einer Bearbeitung für Cello und Klavier). Rostropowitschs Spiel begeisterte den Komponisten dermaßen, dass er ihm auf der Stelle versprach, das Konzert für ihn gründlich zu revidieren. Zwar ließ das Ergebnis fünf Jahre auf sich warten, doch hielt der Beehrte schließlich die Partitur eines völlig neu gefassten Konzerts für Violoncello und Orchester in Händen, das seit 1954 den Titel Sinfonia concertante op. 125 trägt - Unterpfand einer Künstlerfreundschaft, die ihren Ausdruck in weiteren Cellowerken fand: den Sonaten op. 119 und op. 134 sowie dem Concertino für Violoncello und Orchester op. 132.
Die Rolle des nachmals weltberühmten Cellisten als Geburtshelfer all dieser Werke ist kaum zu überschätzen. In den Sommern 1950/51 auf die Datscha des Komponisten geladen, musste Rostropowitsch dauernd darauf gefasst sein, dass der Maestro ihn herbeirief, um sich jede neue Wendung des alten Cellokonzerts - dessen Revision er von allen Ecken und Enden her anging - auf der Stelle vorspielen zu lassen. Auf diese Weise entstand das wohl gedankenvollste, farbenreichste und energiegeladenste Orchesterkonzert mit Solocello. Zugleich stellte und stellt die Sinfonia concertante in spieltechnischer Hinsicht die aberwitzigste Herausforderung dar; kein Springbogen war dem hochvirtuosen Hausgast zu rasch, kein Register zu entlegen, kein melodisches Gewebe zu fadenreich. Rostropowitsch selbst bezeichnete das Werk als "Monster, mit dem der Solist ringen muss".
Es folgten mehrere Umarbeitungen des Werkes bis 1952 die heute bekannte Fassung der Sinfonia concertante fertiggestellt wurde. Ein dreisätziges Werk, das mit einem marschierenden Rhythmus beginnt, das Cello aufschreien lässt, grelle Bläsermotive und ein Duett zwischen Cello und Celesta vereint. Rostropowitsch war auch der Solist der gefeierten Uraufführung am 18. Februar 1952 in Moskau
Für Daniel Müller-Schott, unseren heutigen Interpreten, ist Prokofjews Sinfonia concertante ein äußerst politisches Werk, das sehr persönlich das Verhältnis zwischen Individuum und Staat beleuchtet. 2016 musizierte er es in der Petronas Concert Hall mit dem Malaysian Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Dima Slobodeniouk:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler