Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
französische Orgelmusik steht heute auf dem Programm: Prélude et Fugue sur le nom d'Alain op. 7 von Maurice Duruflé.
Maurice Duruflé wurde am 11. Januar 1902 im französischen Louviers geboren. Von 1910 bis 1918 besuchte er die Sängerschule an der Kathedrale von Rouen, wo ihn Jules Haelling im Klavier- und Orgelspiel unterrichtete. 1919 ging er nach Paris, um bei Charles Tournemire und Louis Vierne Orgel zu studieren. Ein Jahr später kam er ans Pariser Conservatoire, wo er in den Klassen von Eugène Gigout (Orgel), Jean Gallon (Harmonie), Abel Estyle (Begleitung), Georges Caussade (Fuge) und Paul Dukas (Komposition) mit Ersten Preisen ausgezeichnet wurde.
1930 erhielt Duruflé den Organistenposten der Pariser Kirche St. Etienne-du-Mont, den er sich seit 1953 mit seiner Ehefrau teilte. Daneben war er von 1943 bis 1969 Professor für Harmonielehre am Pariser Conservatoire. Er unternahm viele Konzertreisen als Solist und brachte sowohl die sechste Orgelsinfonie von Louis Vierne (1935) wie auch das Orgelkonzert von Francis Poulenc (1938) zur Uraufführung. In den 1950er Jahren transkribierte er anhand älterer Aufnahmen Improvisationen von Vierne und Tournemire, und in späteren Jahren wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht. Seine Karriere kam im Mai 1975 zum Erliegen, als er und seine Frau in einen schweren Autounfall verwickelt waren. Zwar erholten sich beide davon, doch trat Duruflé seither nur noch selten öffentlich auf. Er starb am 16. Juni 1986.
Die musikalische Sprache des überaus selbstkritischen Komponisten Maurice Duruflé kann man als eine Synthese zweier Richtungen auffassen - der impressionistischen Tradition Debussys und Ravels sowie dem modalen, von der Gregorianik inspirierten Stil Gabriel Faurés.
Prélude et Fugue sur le nom d'Alain op. 7 schrieb Duruflé 1942 im Gedenken an seinen Kollegen Jehan Alain, der im Juni 1940 bei Saumur gefallen war. Alain war wie Duruflé Schüler am Pariser Konservatorium und besaß eine Vorstellungskraft von außergewöhnlicher Originalität und Tiefe. Das Präludium hat einen in gewisser Weise nervigen Charakter und hält eine fast konstante Triolenbewegung aufrecht. Zwei thematische Elemente sind hier im Spiel: zum einen eine aus fünf Noten bestehende Figur - ADAAF -, die aus dem Namen Alain abgeleitet ist, zum anderen eine lyrische, in Richtung seiner Litaneien weisende Idee, die Duruflé schließlich am Ende des Stückes anführt.
Das Stück setzt in d-Moll ein, aber die harmonische Bandbreite demonstriert, wie meisterhaft sich dieser Komponist auf chromatische und modulierte Harmonien verstand. Fragmente des lyrischen Themas führen das Stück schließlich auf der Dominante in die Ruhephase über. Das Fugenthema nimmt als Ausgangspunkt die aus fünf Noten bestehende Figur, die die Figuration des ersten Satzes bildete. Ein leichtes Anziehen des Tempos und ein in Sechzehntelnoten notiertes neues Thema führen zu einem Spannungsanstieg, und dieses Thema wird allmählich mit dem ersten kombiniert. Als sich die Lautstärke zu einem unerbittlichen Crescendo aufbaut, zieht Duruflé alle Register, die ein Lehrbuch für Kontrapunkt vorschreibt, darunter auch ein Stretto und eine Umkehrung. Die Sechzehntelnoten des untergeordneten Themas nehmen allmählich den Charakter einer Toccata an und das Werk endet - nicht nur in seiner Eigenschaft als Gedenkstück, sondern auch als Verherrlichung einer der wahrhaft authentischsten Stimmen französischer Musik von einem der besten Orgelkomponisten aller Zeiten - in einer wahren Feuersglut.
Unser heutiger Mitschnitt kommt aus Paris - Thomas Ospital musiziert an der Großen Orgel von Saint-Eustache, die Aufzeichnung entstand 2020:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler