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14.04.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 463

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

unser heutiges Musikstück hat es vor allem durch seine ersten Takte zu Weltruhm gebracht: Also sprach Zarathustra op. 30 von Richard Strauss. Dank Stanley Kubricks Film "2001: A Space Odyssey" (1968) wurde das Musikstück einem Millionenpublikum vertraut.

Es ist eine der berühmtesten Einleitungen der Musikgeschichte: Aus einem düsteren Kontrabasstremolo unterstützt von der Orgel, dem Kontrafagott und der großen Trommel, erhebt sich eine Trompetenfanfare in gleißender Helle. Zusammen mit dem gesamten Orchester mündet diese, in der Tonhöhe weiter ansteigend, in einen alles überstrahlenden C-Dur-Jubel. Der Sieg des Lichts über die Finsternis. Der Partitur hat Richard Strauss den "Hymnus an die Sonne" aus Nietzsches philosophischer Schrift "Also sprach Zarathustra" vorangestellt - mit dem Kernsatz für die Musiker: "Zu lange hat die Musik geträumt; jetzt wollen wir wachen. Nachtwandler waren wir, Tagwandler wollen wir werden."

Richard Strauss schrieb seinen "Zarathustra" als Auseinandersetzung mit einem Elite-Philosophen: "Man darf vielleicht den ganzen Zarathustra unter die Musik rechnen - sicherlich war eine Wiedergeburt in der Kunst zu hören, eine Voraussetzung dazu." Das erkannte schon Friedrich Nietzsche selbst, der an seinem Hauptwerk "Also sprach Zarathustra" 1883 bis 1885 schrieb. Schon die Form ist bemerkenswert: Es ist keine philosophische Abhandlung, sondern eine Aneinanderreihung literarisch aufgeladener, besessen-ekstatischer Monologe des persischen Religionsgründers (die zumeist mit der Formel "Also sprach Zarathustra" schließen). Acht Kapitel wählte Strauss aus Nietzsches Werk: "Von den Hinterweltlern" (mit einem singulären Schöpfungsmythos: "Wegsehen wollte der Schöpfer von sich – da schuf er die Welt"), "Von der großen Sehnsucht", "Von den Freuden- und Leidenschaften", "Das Grablied", "Von der Wissenschaft", "Der Genesende", "Das Tanzlied" und "Das Nachtwandlerlied".

Ein Skizzenbuch des Komponisten nennt das Trompetenthema des Anfangs eine Formel für das Universum. Das Changieren der gesamten Partitur zwischen den beiden Haupttonarten C-Dur und H-Dur kann man als die ewige Polarität von Natur (C-Dur) und Mensch (H-Dur) begreifen: ein Ringen, ein Kampf, aber auch ein Sich-Bedingen. Die Gegensätze bleiben erhalten, unaufgelöst, auch wenn zum Schluss beide Töne unmittelbar nacheinander erklingen.

Am 4. Februar 1896 begann Richard Strauss mit der Komposition, die er am 24. August desselben Jahres vollendete und am 27. November in Frankfurt zur Uraufführung brachte. Es sei "weitaus das Bedeutendste, Formvollendetste, Interessanteste und Eigentümlichste meiner Stücke", befand Richard Strauss voller Genugtuung 1896 nach der Generalprobe. Auf seinen Konzertreisen, die nun immer zahlreicher wurden, verschaffte er dem Stück binnen kurzem Weltgeltung - noch bevor sich Kubricks Film der genialen Musik bemächtigte...

Zu unseren heutigen Konzertmitschnitten: 1987 feierte Berlin seinen 750. Geburtstag - im Festkonzert der Berliner Philharmoniker dirigierte Herbert von Karajan Strauss' Tondichtung:

www.youtube.com/watch

Zum Vergleich noch drei weitere Mitschnitte - zunächst das Netherlands Radio Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Jakub Hrůša, aufgezeichnet 2013 im TivoliVredenburg in Utrecht:

www.youtube.com/watch

Im folgenden Link sind die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Gustavo Dudamel zu sehen, der Mitschnitt entstand am 23. August 2014 im Großen Festspielhaus in Salzburg - im Festkonzert anlässlich des 150. Geburtstags des Komponisten erklang im Anschluss von "Also sprach Zarathustra" außerdem noch seine Tondichtung "Tod und Verklärung":

www.youtube.com/watch

Und zum Schluss noch ein Mitschnitt aus Amsterdam: Das Royal Concertgebouw Orchestra spielte "Also sprach Zarathustra" 2012 unter der Leitung von Mariss Jansons:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd