Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
Kammermusik von Robert Schumann erwartet Sie in der heutigen Ausgabe: Die Violinsonate Nr. 1 a-Moll op. 105. Sie entstand ein Jahr nach dem Umzug nach Düsseldorf in wenigen Tagen im September 1851.
Die späten Violinwerke von Robert Schumann verdanken ihre Entstehung hauptsächlich einem genialen, jungen Geiger, mit dem sich der alternde Komponist in Düsseldorf anfreundete: Joseph Joachim. Der Ungar, der bald Deutschlands bedeutendster Geiger und Kammermusiker sowie der engste Freund von Johannes Brahms werden sollte, brachte ins Düsseldorfer Haus der Schumanns bei jedem seiner Besuche Glanz und eine ungetrübte Freude am Musizieren, der Clara und Robert frönten. Joachims Spiel und Persönlichkeit inspirierten Schumann zu zwei seiner drei Violinsonaten: zur “großen" Sonate Nr. 2 d-Moll und zur heute noch kaum bekannten Sonate Nr. 3 a-Moll, die Schumann nachträglich aus den ergänzten Beiträgen zur sogenannten F.A.E.-Sonate zusammenstellte.
Die erste Sonate in a-Moll ist in den Proportionen deutlich gedrungener als ihre beiden Geschwister, beinahe eine “kleine" Sonate in nur drei Sätzen. Sie wurde für den Geiger und späteren Schumann-Biographen Joseph Wasielewski geschrieben, der sie auch mit Schumanns Frau Clara aus der Taufe hob. Freilich nahmen sich schon wenig später auch der Leipziger Konzertmeister Ferdinand David und Joseph Joachim des Werkes an. Die Pianistin Fanny Davies hat beschrieben, wie Joachim diese Sonate zusammen mit ihrer Lehrerin Clara Schumann gespielt hat: “am Anfang unter Hochdruck mit einem impulsiven Crescendo der Geige über dem atemlosen Agitato der gebrochenen Klavierdreiklänge; den zweiten Satz als Tongedicht von pastoraler Einfachheit; das Finale fließend wie in einem Bachstück. Unvergesslich, wie Joachim am triumphalen Höhepunkt des Finales seine Geige wie ein Horn erschallen ließ.”
Der Kopfsatz ist dank der schwungvollen Kantabilität des Hauptthemas beliebt, mag auch die Weiterführung mit der Zerbröckelung der Kantilenen weniger eingängig sein. Im zweiten, zwischen Romanze und Scherzo schwankenden Satz ist der Charakter nicht eindeutig fassbar. Der toccataartige und im Staccato des Klaviers ebenfalls scherzohaft wirkende Schlusssatz bereitete Clara - sie nannte ihn „störrisch“ - und dem befreundeten Geiger Wilhelm von Wasielewski beim ersten Durchspiel Mühe; erst Joachim sollte zwei Jahre später den richtigen Ton treffen.
Drei Konzertmitschnitte stelle ich Ihnen heute gerne zur Auswahl, zunächst Augustin Hadelich und Charles Owen, aufgezeichnet am 6. Oktober 2015 im Deutschlandfunk in Köln:
Zum Vergleich: Guy Braunstein und Martha Argerich, aufgezeichnet im Pierre Boulez Saal in Berlin am 22. Februar 2020:
Und zuletzt Leonidas Kavakos und Daniil Trifonov, aufgezeichnet im Juli 2014 im Rahmen des Verbier Musikfestivals:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler