Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
heute soll wieder einmal ein Werk für Flöte im Mittelpunkt stehen: Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für Flöte und Orchester Nr. 1 G-Dur KV 313.
Was Wolfgang Amadeus Mozart für die Flöte komponierte, wird meist mit dem 1778 in Mannheim erteilten Auftrag des holländischen Musikliebhabers Ferdinand Dejean in Verbindung gebracht. Der hieß den jungen Komponisten, ihm Werke für Flöte zu schreiben und bot ihm dafür ein fürstliches Honorar, aber Mozart konnte nicht umhin, seinem Vater nach Salzburg zu melden, dass er das Instrument nun mal "nicht leiden" könne.
Der Flötist und Musikwissenschaftler Henrik Wiese, der 2006 Mozarts Flötenkonzerte neu editierte, räumte mit dieser Version - das erste Flötenkonzert in G-Dur betreffend - zumindest vorsichtig auf. Seiner Meinung nach entstand das Werk schon 1777 und damit ein Jahr vor Mozarts berühmter Reise nach Mannheim und Paris. Der damals 21-jährige Komponist hatte für seine Schwester Nannerl zum Namenstag eine Überraschung vorbereitet und ihr ein Flötenkonzert komponiert. Ein Salzburger Hofrat notierte in seinem Tagebuch einen Besuch "zu Gusseti, wo die Musik des jungen Mozart, die er abends seiner Schwester machen wollte, probiert wurde. Sie bestand in einer Sinfonia, einem Violin Concert, das der junge Mozart spielte, einen Flaute traverse Concert, das der Violongeyger Castel blies, und alles war von des jungen Mozarts Komposition."
Damit wäre auch klar, warum Herr Dejean in Mannheim nur einen Bruchteil des Honorars für dieses G-Dur Flötenkonzert zahlen wollte. Schließlich war es ja vom Vorjahr und keineswegs neu komponiert. Tatsache aber bleibt, dass die Entstehungsgeschichte des ersten Flötenkonzerts von Mozart nicht wirklich gesichert feststeht. Wohl aber, dass es einen besonderen Stellenwert im Rahmen von Mozarts Feilen an der Konzertform generell hatte. Sie als persönliche Orchestergattung zu etablieren, so wie er es auch für Violine oder für Klavier tat, gelingt ihm hier auch für die Flöte.
Besonders ausdrucksstark ist der langsame Satz des Konzerts, der fast romantische Färbung hat - und überdies wahrscheinlich erst in Mannheim entstand. Als Finale ein Rondo in typisch französischem Menuett-Stil zu komponieren hatte Mozart schon 1775 in seinen Violinkonzerten gereizt, zudem war die Flöte gerade in Frankreich zum Modeinstrument avanciert und Mozart stellte sich mit seinem Werk nicht zuletzt auch bewusst in eine Reihe namhafter französischer Flötenliteratur. Das Rondo jedenfalls beschließt ein Konzert, das nichts davon bestätigt, Mozart habe Flöte "nicht leiden" können. Im Gegenteil. Es ist als einziges original für Flöte komponiertes Konzert Mozarts (das zweite Flötenkonzert ist ursprünglich ein Oboenkonzert) von "Anfang bis Ende mit Lust und Liebe geschrieben", wie der Musikforscher Alfred Einstein meinte.
Unser heutiger Solist ist Emmanuel Pahud, Solo-Flötist der Berliner Philharmoniker. In Genf geboren, begann der Schweizerisch-Französische Flötist sein Studium bereits im Alter von sechs Jahren. 1990 schloss er sein Studium am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris mit der Verleihung des Premier Prix ab. Es folgten weitere Studien bei Aurèle Nicolet. Im Alter von nur 22 Jahren bekam Emmanuel Pahud die Stelle als Solo-Flötist bei den Berliner Philharmonikern unter Chefdirigent Claudio Abbado und hat diese Stelle noch immer inne. Zusätzlich zu seinen Orchesterdiensten ist Emmanuel Pahud international sehr erfolgreich als Solist und Kammermusiker. Regelmäßig konzertiert er mit den Pianisten Eric Le Sage, Yefim Bronfman sowie Hélène Grimaud, spielt gelegentlich Jazz mit Jacky Terrason, und ist Mitbegründer des Ensembles "Les Vents Français". 1993 gründete Emmanuel Pahud gemeinsam mit Eric Le Sage und Paul Meyer das Sommerfestival für Kammermusik "Musique à l’Empéri" in Salon de Provence. 2009 wurde Emmanuel Pahud der Titel "Chevalier dans l’Ordre des Arts et des Lettres" für seinen Beitrag zur Musik verliehen, 2011 wurde er zum Honorary Member of the Royal Academy of Music. Außerdem ist Emmanuel Pahud UNICEF-Botschafter.
Mozarts Flötenkonzert musizierte Emmanuel Pahud im Rahmen der Salzburger Mozartwoche 2000 mit dem Haydn-Ensemble Wien-Berlin im Mozarteum:
www.youtube.com/watch (1. Satz)
www.youtube.com/watch (2. Satz)
www.youtube.com/watch (3. Satz)
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler