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19.09.2022 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 380

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

mit Mendelssohns Violinkonzert verbindet man automatisch sein berühmtes Opus 64 in e-Moll. Dass er auch eines in d-Moll komponiert, das bei weitem nicht so populär geworden ist, ist vielfach unbekannt - um dieses Werk soll es heute gehen: Das Konzert für Violine und Streichorchester d-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Lange vor seinem e-Moll-Konzert aus dem Jahr 1845 hat Felix Mendelssohn sein erstes Violinkonzert geschrieben: als 13-jähriger im Berliner Elternhaus. Es waren zwei Quellen, aus denen der junge Felix bei diesem Werk von 1822 schöpfte: die Kunst seines bewunderten Geigenlehrers Eduard Rietz und die Musik Johann Sebastian Bachs. Von Bachs d-Moll-Klavierkonzert, das er mit großer Begeisterung spielte, rührte Mendelssohns frühe Vorliebe für Konzerte und Konzertstücke in der Tonart d-Moll her. Allein drei d-Moll-Konzerte schrieb er zwischen 1820 und 1823, ein weiteres (sein zweites Klavierkonzert) 1837. In all diesen Werken, besonders aber im frühen d-Moll-Violinkonzert mit Streichorchester haben der „Sturm und Drang“ von Bachs d-Moll-Konzert, seine Motorik und toccatenhaften Passagen Spuren hinterlassen.

Mendelssohns Frühwerk ist zudem ein Denkmal für den Berliner Geiger Eduard Rietz, der bereits 1832 im Alter von 29 Jahren verstarb. Der Schüler des berühmten Geigers Pierre Rode war des jungen Felix Geigenlehrer und Freund, daneben Begründer der Berliner Philharmonischen Gesellschaft und als Konzertmeister treibende Kraft der sogenannten „Sonntagsmusiken“ im Hause Mendelssohn. Zu dieser sonntäglichen Konzertreihe pilgerte halb Berlin ins Gartenhaus der Bankiersfamilie auf der Leipziger Straße 3 - exakt dorthin, wo heute der Deutsche Bundesrat tagt. Erst 1825 zog man ein, doch dürfte Rietz auch dort das Violinkonzert seines Schülers Felix gespielt haben. Auf den Kopfsatz mit Bachschen Rhythmen folgen ein lyrisches Andante voll Mendelssohnschen Klangzaubers und ein Rondo im Gavotterhythmus, in dem Rietz im Stil eines Louis Spohr und Pierre Rode brillieren durfte.

Das Autograph enthält nur die beiden ersten Sätze und die Skizzen zum Finale. Der Geiger Yehudi Menuhin, in dessen Hände die originale Handschrift gelang, hat Mendelssohns frühes Violinkonzert wiederentdeckt, herausgegeben und 1952 in New York mit dem RCA Victor String Orchestra erstmals eingespielt - eine historische Großtat.

Zu Ostern 2021 entstand mit diesem Werk ein musikalischer Gruß der Kammerakademie Potsdam mit der international gefragten, in Potsdam beheimateten Geigerin Antje Weithaas. Der sehenswerte Mitschnitt entstand im Nikolaisaal Potsdam:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd