Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
von Joseph Haydns musikalischem Humor war in dieser Reihe schon öfter die Rede. Ein weiteres Beispiel folgt heute mit seiner Sinfonie Nr. 90 C-Dur.
Im Jahr 1788, als diese Sinfonie entstand, stammten sage und schreibe neun von zehn in Paris in öffentlichen Konzerten aufgeführten Sinfonien von Joseph Haydn. Im blühenden Musikleben an der Seine galt der im fernen Ungarn als Hofkomponist der Esterházys weilende Haydn bereits 1782 als "charmant compositeur", der es mit seinen stets originellen Sinfonien verstanden habe, sich "au premier rang" der Sinfoniker zu stellen. Entsprechend erhielt Haydn auch Kompositionsaufträge aus Paris, zum Beispiel die sechs Pariser Sinfonien (Nr. 82 - 87) von 1785/86.
Drei weitere Sinfonien (Nr. 90 bis Nr. 92).schrieb Haydn drei Jahre später dem kunstsinnigen Adligen Comte d’Ogny für dessen Konzertreihe "La Loge Olympique". Dahinter stand eine der großen Freimaurer-Logen in Paris, der Comte D´Ogny war ein wichtiger Förderer dieser Loge. Die erste dieser drei nachgereichten Sinfonien zeichnet sich durch eine Reihe von Neuheiten aus. Gleich im ersten Satz verband Haydn - zum ersten Mal in der Geschichte der Sinfonie - die langsame Einleitung mit dem folgenden Allegro, indem dieselben Motive verwendet wurden. Zudem akzentuierte er in der ganzen Sinfonie die Klangfarben der verschiedenen Instrumente, welche immer wieder solistisch auftreten, auf moderne Weise: So entsteht im zweiten Satz, wo sich jeweils eine Variation in Dur und eine in Moll abwechseln, der Eindruck eines Gesprächs zwischen friedlichen Soli und entgegengesetztem Tutti.
Was das Finale so besonders macht, soll an dieser Stelle nicht verraten werden - in jedem Fall hätte sie den Beinamen „Überraschungs-Sinfonie“ verdient, wenn der nicht schon an die Sinfonie Nr. 94 vergeben wäre („Surprise“, im deutschsprachigen Raum unter dem Titel „Mit dem Paukenschlag“ bekannt).
Ein glühender Befürworter der Musik Joseph Haydns ist seit vielen Jahren Sir Simon Rattle. Mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hat er die Sinfonie Nr. 90 am 12. März 2021 im Münchner Herkulessaal aufgeführt:
Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler