Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
unser heutiges Musikstück ist wieder einmal ein Stück für Klarinette und Klavier: Das Grand Duo concertant Es-Dur op. 48 von Carl Maria von Weber.
Für den Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann gehört Carl Maria von Weber zu den bis heute sträflich unterschätzten Komponisten. In seiner Bewunderung für Weber sieht er sich in guter Gesellschaft mit Hector Berlioz, Claude Debussy und Igor Strawinsky. Alle drei Genannten rühmten die Instrumentationskunst Webers und priesen ihn als einen Wegbereiter der modernen Orchestrierung.
Natürlich fühlt sich Jörg Widmann auch in seiner Liebe zur Klarinette mit Carl Maria von Weber besonders verbunden. Dass Weber dem Instrument sehr zugetan war, beweisen zahlreiche Soli in seiner Orchestermusik und den Opern. Daneben beschenkte er die Klarinettist:innen gleich mit mehreren Stücken, darunter das Grand Duo concertant. Webers zahlreiche Klarinettenwerke resultieren aus dem freundschaftlichen Umgang mit Heinrich Joseph Baermann, einem ausgezeichneten Klarinettisten seiner Zeit. Weber lernte Baermann 1811 als Mitglied der Münchner Hofkapelle kennen.
Das “Clarinettgenie”, wie ihn der Komponist bewundernd nannte, war zwar geborener Potsdamer, doch durch die preußische Niederlage in der Schlacht bei Saalfeld nach Bayern verschlagen worden, wo er dem Münchner Hof bald unentbehrlich wurde. Der Wahl-Münchner zog an der Isar nicht nur Weber, sondern später auch Meyerbeer und Mendelssohn in seinen Bann, und zwar durch zwei völlig unterschiedliche Eigenschaften: durch den gleichmäßig durch alle Lagen entwickelten Klarinettenton, den er mit brillanter Geläufigkeit und feinstem Ausdruck verband, und durch seinen gesunden preußischen Humor. 1811, im selben Jahr, in dem er sein Klarinettenquintett für Baermann komponierte, widmete Weber dem Freund ein Scherzgedicht zum Namenstag, in dem es u. a. heißt:
Zieht auf aller Thränen Schleusen
Hier ist nicht die Red’ vom König von Preußen,
Nein, nein, von dem Heinrich, dem dicken, dem fetten,
Von Bärmann, dem lieblichen, freundlichen, netten.
O Sonne!!! O Tag der Wonne!
Schalkhafter Humor, wie er sich in diesen Zeilen niederschlägt, fehlt in keinem der Weberschen Werke für Baermann, auch nicht im Grand Duo concertant, dessen zweiter und dritter Satz bereits im Sommer 1815 entstanden. Erst im November 1816 freilich kam der bedeutende erste Satz hinzu. Es handelt sich um eine Art große, konzertierende Sonate, in der beide Partner gleichermaßen auftrumpfen dürfen, die Klarinette freilich als “prima inter pares”. Im Grand Duo wird offenbar, warum Weber die Klarinette so liebte. Facettenreich führt er ihr reiches Klangspektrum vor Ohren. Etwa, wenn sie sich opernhaft aussingt, im Eröffnungssatz mit virtuosen (aber nie inhaltslosen) Läufen brilliert oder sich im Finale verspielt-humoristisch gibt. In der Herzkammer des Konzertstücks, dem langsamen Satz, stößt sie dann auch in dunkle Gefühlstiefen vor.
Unser heutiger Mitschnitt entstand am 26. September 2021 im Kölner WDR Funkhaus Wallrafplatz, es musizieren Jörg Widmann und Denis Kozhukhin:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler