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31.08.2022 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 372

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

die berühmteste Serenade von Wolfgang Amadeus Mozart ist mit Sicherheit "Eine kleine Nachtmusik" - heute soll jedoch eine andere Serenade des Salzburger Meisters im Mittelpunkt stehen: Die Serenata notturna D-Dur KV 239.

Im Dezember 1771 starb der Salzburger Fürsterzbischof Siegmund Christoph Graf Schrattenbach, der bis dahin Dienstherr der Mozarts war. Anfang des nächsten Jahres folgte ihm mit dem reformistischen Grafen Hieronymus von Colloredo, einem Sohn des kaiserlichen Vizekanzlers, ein weniger einfühlsamer Kirchenmann nach. Der neue Erzbischof betrachtete die Aktivitäten der Mozarts aus demselben Blickwinkel wie Kaiserin Maria Theresia, die im September 1771 ihrem Sohn Ferdinand gegenüber geäußert hatte, er solle „solchen Leuten weder Titel noch Ämter verleihen, die sie doch nur schänden, wenn sie dann wie Bettler durch die Welt ziehen”.

Jetzt galt es, die Konzertreisen einzuschränken, die doch einigen Profit und Ruhm eingebracht hatten. Mozart war also während der nächsten Jahre mehr oder weniger auf die engen Grenzen der Stadt Salzburg beschränkt und hatte in einer Position zu arbeiten, die nach seiner eigenen Ansicht und der Meinung des Vaters seinem Genie nicht entsprach. 1777 sollte Mozart dann in Begleitung seiner Mutter aufbrechen, um in Mannheim und Paris sein Glück zu suchen. Trotz der Anregungen, die ihm besonders das virtuose Mannheimer Orchester lieferte, war es eine nutzlose Reise, in deren Verlauf tragischerweise auch noch die Mutter starb.

Zuvor hatten sich Mozart in Salzburg mancherlei kompositorische Möglichkeiten eröffnet. Im Januar 1776 vollendete Mozart die Serenata notturna D-Dur KV 239, die eindeutig für einen gesellschaftlichen Anlass in Salzburg entstand. Das Werk verlangt ein Concertino aus Solostreichern (zwei Violinen, Bratsche und Kontrabass) sowie ein volles Streicher-Ensemble nebst Pauken - ein Arrangement, das, von den Schlaginstrumenten einmal abgesehen an die Gestalt des barocken Concerto grosso erinnert. Es beginnt mit einem majestätischen Marsch, in dem sich die beiden Ensembles kontrastierend abwechseln. Darauf folgt ein Menuett, dessen Trio vom Concertino allein gespielt wird. An die Wiederholung des Menuetts schließt sich ein Rondo an, das in seinen Episoden verschiedene lokale Anspielungen zu enthalten scheint. Zwischen den einzelnen Ritornellen stehen ein festliches Adagio, ein Kontretanz und eine unerwartete, kurze Pizzicato-Passage. Dann geht der Satz auf lebhafte Weise zu Ende.

Eine musikalisch sehr freche Interpretation dieses Werks stelle Gidon Kremer mit der Kremerata Baltica am 31. Januar 2002 im Rahmen der Mozartwoche im Salzburger Mozarteum vor - für mich immer noch die beste Fassung dieses oft gespielten Werks (und so gar nicht zum Einschlafen geeignet):

www.youtube.com/watch
 
Wer es etwas konventioneller mag, sei hier noch auf einen deutlich älteren Mitschnitt hingewiesen: Der österreichische Dirigent Karl Böhm war weltberühmt für seine Mozart-Interpretationen. Obwohl er sich in seiner Anfangszeit sehr zu Wagner hingezogen fühlte, wurde Böhm durch seine Freundschaft mit Richard Strauss zu einem profunden Kenner und Bewunderer von Mozarts Musik. In seiner Autobiographie schrieb Böhm, Strauss habe ihm die letzten Geheimnisse dieses seiner Meinung nach größten musikalischen Genies enthüllt.

In dem folgenden Mitschnitt vom November 1974 aus dem Wiener Musikvereinssaal dirigiert Karl Böhm die Wiener Philharmoniker, mit denen er durch langjährige Zusammenarbeit verbunden war:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler
 

Beitrag von sd