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11.09.2023 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 527

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

von den drei Mozart/Da-Ponte-Opern sind bereits "Le Nozze di Figaro" und "Cosi fan tutte" in dieser Reihe vertreten gewesen - heute dreht sich alles um "Don Giovanni".

Um einen "bestraften Wüstling", so auch der Untertitel dieser Oper, dreht sich Mozarts und Da Pontes zweite Zusammenarbeit, die der Komponist erst auf den letzten Drücker fertigstellte. Ein großer Frauenheld als Titelfigur übte seit jeher eine große Anziehungskraft aus, egal ob er Casanova, Don Juan oder Don Giovanni heißt. In Mozarts Oper stellt der Wüstling Donna Anna nach, ersticht ihren Vater und entkommt unerkannt. Deren Verlobter Don Ottavio schwört Rache, nach welcher auch die von Don Giovanni verlassene Donna Elvira sinnt. Don Giovannis Diener Leporello will ihr mit der berühmten Registerarie zeigen, dass sie kein Einzelfall ist, so zahlreich sind die Liebschaften seines Herren. In Deutschland habe sein Herr zwar nur 230 Frauen geliebt, aber dafür in Spanien 1003. Don Giovanni ist bei Mozart bereits sein eigener Mythos. Der fasziniert bis heute - vielleicht auch wegen seiner hemmungslosen Übertreibung.

Als der Schürzenjäger auf der Hochzeit der Bauersleute Zerlina und Masetto der Braut schöne Augen macht, wiegelt er damit gleich einige Menschen gegen sich auf. Auch ein Kleidertausch mit Leporello hilft ihm nur vorübergehend, die Statue des Komtur, also Donna Annas Vater, droht ihm. Als er den Toten übermütig zum Essen einlädt, kommt dieser und fordert ihn zur Reue auf. Doch Don Giovanni zeigt zu dieser nicht bereit - was ihn direkt in die Hölle fahren lässt.

Mit "Don Giovanni" haben Wolfgang Amadeus Mozart und sein Librettist Lorenzo da Ponte ein Gipfelwerk der gesamten Operngattung geschaffen und mit dem Titelhelden eine Figur auf die Bühne gebracht, die viel größer ist als die Rolle des unwiderstehlichen Frauenverführers, die ihm die Handlung in erster Linie zuzuweisen scheint. Don Giovanni ist der Libertin schlechthin, ein Verfechter des Genusses, der Ausschweifung und der Maßlosigkeit. Ein Grenzüberschreiter par excellence, der am Ende zur Hölle fährt. Und nach jeder Aufführung stellt sich die Frage, ob nach dem finalen Untergang dieses Helden der Verlust nicht stärker wiegt als die Genugtuung über die gerechte Strafe, die ihn ereilt.

Die Prager Uraufführung des „Don Giovanni“ am 29. Oktober 1787 war der Stoff, aus dem man später Legenden und Literatur wob. Aus der kurzen Probenzeit entstand schnell das Gerücht, Mozart habe die Ouvertüre noch in der Nacht vor der Uraufführung geschrieben. Von hektisch umherfliegenden Notenblättern im Orchestergraben war später die Rede. Außerdem soll der Frauenheld Giacomo Casanova, gewissermaßen Don Giovannis Alter ego in der Realität, bei den Proben des Stückes mitgeholfen haben. Über all das gibt es von Mozart und da Ponte keine Berichte. Überhaupt machten die beiden Autoren nicht viele Worte um ihr neues Werk. Da Ponte reiste schon vor der Uraufführung nach Wien zurück, und auch Mozart ging ziemlich schnell zur Tagesordnung über.

Drei Aufführungen stelle ich Ihnen heute gerne zur Auswahl, zunächst eine der letzten Opernaufführungen mit Herbert von Karajan, der auch hier wieder für die Inszenierung verantwortlich war. Der Mitschnitt entstand im Rahmen der Salzburger Festspiele 1987 im Großen Festspielhaus. In den Hauptpartien sind zu sehen: Samuel Ramey (Don Giovanni), Paata Burchuladze (Il Commendatore), Anna Tomowa-Sintow (Donna Anna), Julia Varady (Donna Elvira), Gösta Winbergh (Don Ottavio), Ferruccio Furlanetto (Leporello),  Alexander Malta (Masetto), Kathleen Battle (Zerlina) sowie die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor und die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Herbert von Karajan.

www.youtube.com/watch

Im April 2013 war im Pariser Théâtre des Champs-Elysées die Inszenierung von Stéphane Braunschweig mit folgender Besetzung zu sehen: Markus Werba (Don Giovanni), Miah Persson (Donna Elvira), Daniel Behle (Don Ottavio), Sophie Marin-Degor (Donna Anna), Robert Gleadow (Leporello), Serena Malfi (Zerlina), Nahuel Di Pierro (Masetto), Steven Humes (Il Commendatore) sowie der Chœur du Théâtre des Champs-Elysées und Le Cercle de l’Harmonie unter der Leitung von Jérémie Rhorer:

www.youtube.com/watch

Und als letzte Empfehlung noch eine Aufführung aus dem Jahr 1990 aus der New Yorker MET in der Inszenierung von Franco Zeffirelli: Carol Vaness (Donna Anna), Karita Mattila (Donna Elvira), Dawn Upshaw (Zerlina), Jerry Hadley (Don Ottavio), Samuel Ramey (Don Giovanni), Ferruccio Furlanetto (Leporello), Philip Cokorinos (Masetto), Kurt Moll (Il Commendatore) sowie Chor und Orchester der MET unter der Leitung von James Levine:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler


Handlung

1. Akt
Leporello, der Diener Don Giovannis, hält Wache, während sich sein Herr mit Donna Anna vergnügt. Anna ruft um Hilfe, ihr Vater, der Komtur, stellt Don Giovanni und kommt bei der Konfrontation zu Tode.
Donna Anna hat in der Zwischenzeit ihren Verlobten Don Ottavio geholt und findet die Leiche des Vaters. Sie lässt Ottavio schwören, den Tod des Komturs zu rächen.
Don Giovanni sucht das nächste Abenteuer. In der Dame erkennt er Donna Elvira, die ihn verfolgt, weil er sie verlassen hat. Er überlässt es Leporello, die gekränkte Elvira zu besänftigen. Leporello zeigt ihr das Verzeichnis von Don Giovannis Liebschaften.
Auf einer Bauernhochzeit macht Don Giovanni der Braut Zerlina den Hof und lädt die Hochzeitsgesellschaft auf sein Schloss ein. Leporello soll den eifersüchtigen Bräutigam Masetto ablenken. Donna Elvira verhindert, dass Giovanni Zerlina verführt.
Donna Anna und Don Ottavio bitten Giovanni um Beistand bei der Suche nach dem Mörder des Komturs. Elvira warnt die beiden vor Giovanni, er erklärt sie für wahnsinnig. Anna und Ottavio werden misstrauisch.
Schließlich erkennt Anna in Giovanni den Mörder ihres Vaters und fordert Ottavio erneut auf, Rache zu nehmen.
Zerlina bittet Masetto um Verzeihung. Doch auf dem Fest bei Don Giovanni setzt dieser die Verführung Zerlinas fort. Masettos Eifersucht wird bestärkt. Donna Elvira, Donna Anna und Don Ottavio mischen sich maskiert unter die Festgesellschaft.
Zerlinas Hilferuf alarmiert die anderen Gäste. Giovanni bezichtigt Leporello des Vergehens. Eine bedrohliche Stimmung breitet sich aus, die Verfolgung des Mörders nimmt ihren Anfang.

2. Akt
Leporello möchte seinen Herrn verlassen, doch der überredet ihn, bei ihm zu bleiben. Giovanni tauscht das Gewand mit Leporello, um so die Zofe Donna Elviras zu verführen. Leporello soll sich, als Don Giovanni verkleidet, mit Donna Elvira vergnügen. Diese fällt bereitwillig auf die Täuschung herein.
Indessen hat sich Masetto mit einigen bewaffneten Bauern auf die Suche nach Don Giovanni gemacht. Dieser gibt sich als Leporello aus und schickt sie in alle Himmelsrichtungen davon. Er bleibt mit Masetto allein und verprügelt ihn. Zerlina findet Masetto und versöhnt sich mit ihm.
Leporello, immer noch in Don Giovannis Kleidern, versucht vor Donna Elvira zu fliehen, und trifft auf Donna Anna, Don Ottavio, Zerlina und Masetto. Elvira bittet um Gnade für ihren Gatten. Leporello gibt sich zu erkennen und nutzt die Verwirrung, um zu entfliehen. Don Ottavio beteuert abermals, dass er sich an Don Giovanni rächen werde.
Donna Elvira bleibt allein zurück: Trotz aller Ver­letzungen liebt sie Don Giovanni immer noch und sorgt sich um ihn.
Don Giovanni und Leporello treffen auf einem Friedhof zusammen. Don Giovanni erzählt von seinen Abenteuern, da beginnt das Standbild des Komturs zu ihm zu sprechen. Don Giovanni bittet den Komtur, zum Abendessen zu ihm zu kommen.
Don Ottavio bittet Donna Anna um ihre Hand, doch sie weist ihn zurück.
Donna Elvira warnt Don Giovanni vor seinem Untergang. Der Komtur erscheint. Er versucht, Don Giovanni zur Reue und zur Umkehr zu bewegen. Doch Don Giovanni bereut nichts und muss dafür in die Hölle fahren.
Alle ziehen ihr Fazit: „So ergeht es dem, der Böses tut.“

Beitrag von sd