Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
die Berliner Philharmoniker haben zahlreiche Kammermusik-Ensembles in ihren Reihen. Zu den bekanntesten zählen die Zwölf Cellisten. In ihren Programmen spielen sie ein breites Repertoire, das u. a. von Klassik bis Filmmusik und von Tango bis hin zu Beatles-Bearbeitungen reicht. Im Gründungskonzert dieses Ensembles befand sich auch unser heutiges Musikstück: Julius Klengels Hymnus op. 57 - ein Werk für zwölf Cellisten.
Julius Klengel, den man wohl als bedeutendsten Violoncellisten seiner Zeit betrachten darf, wurde 1859 in Leipzig geboren. Nach seinem Cello-Studium machte er sich durch ausgedehnte Konzertreisen einen Namen. Ab 1881 stand er als Solocellist der Cellogruppe des Leipziger Gewandhausorchesters vor, dem er bis an sein Lebensende angehörte, und hatte zudem eine Professur am sächsischen Landeskonservatorium inne. Viele berühmte Cellisten sind aus seiner Schule hervorgegangen; zu ihnen zählen Paul Grümmer, Ludwig Hoelscher und Gregor Piatigorsky.
Der Hymnus wird mit einem chromatischen Aufgang aller Stimmen eröffnet, beginnend mit dem zwölften Violoncello. Hiernach stellt ein Celloquartett (5.- 8. Violoncello) das melodische Material vor. Nach einem Übergang unter Führung der unteren vier Celli greift ein mit Dämpfer spielendes Celloquintett (1.- 5. Violoncello) die Melodie wieder auf. Der Übergang wird wiederholt und das Werk steigert sich in ein Tutti, das durch die wilden Pizzicato-Doppelgriffe der unteren vier Celli rhythmisiert wird. Dieses Tutti mündet in einen Akkord, der an den Anfang anknüpfend den musikalischen Aufbau abrundet.
Julius Klengel schrieb den Hymnus 1920; zusammen mit elf auserwählten Studenten soll er ihn seinem Freund Arthur Nikisch (1895-1922 Chefdirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters) als Ständchen zum 65. Geburtstag dargebracht haben. Zwei Jahre später erlebte das Werk seine für lange Zeit letzte Aufführung: Das getragene Stück mit dem tonal mutigen Anfang wurde Ende Januar 1922 zu Nikischs Begräbnis gespielt.
Mit Klengels Werk begann auch die Geschichte der Zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker, die ihr Gründungskonzert am 25. März 1972 im Salzburger Mozarteum spielten: Kenntnisreiche und findige Salzburger Redakteure hatten die musikgeschichtliche Einmaligkeit in Archiven aufgespürt. Sie fragten beim wichtigsten Festivalorchester ihrer Stadt, den Berliner Philharmonikern, an, ob deren Cellogruppe zu einer öffentlichen Rundfunkaufnahme des hymnischen Widmungsstücks bereit wäre. Die Musiker bejahten, das Unternehmen wurde ein durchschlagender Erfolg. Er verlangte nach Fortsetzung - der Rest ist schon Musikgeschichte...
Julius Klengels Hymnus op. 57 empfehle ich Ihnen heute mit einem Ausschnitt aus dem Konzert "Gautier Capuçon & Friends", aufgezeichnet im Théâtre des Bouffes du Nord in Paris, neben Gautier Capuçon musizieren Jean-Baptiste Cabannes, Marie Chatellier, Olivier Chéreau, Jérémy Garbarg, Rémi Guérin, Caroline Guillaumin, Jennifer Hardy-Brégnac, Charles Hervet, Raphaël Jouan, Dan Levy, Nicolas Menut, Marion Oudin, Aurélien Pascal, Lucile Perrin, Eric Pilavian, Marta Pulecka, Armance Quero , Caroline Sypniewski und Léo Warynski:
Wer noch ein wenig mehr über die Zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker erfahren möchte, dem sei die folgende Dokumentation von Edda Braumann von Broen aus dem Jahr 2002 ans Herz gelegt:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Urlaubsgrüßen aus Dänemark
Matthias Wengler