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05.02.2024 Kategorie: Musik in schwierigen Zeiten

Musik in schwierigen Zeiten - 585

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,

die Tuba wurde von den Landesmusikräten in Deutschland zum Instrument des Jahres 2024 auserwählt und löst damit die Mandoline ab, die 2023 im Fokus stand. Grund genug, in der heutigen Ausgabe ein Solokonzert für dieses besondere Instrument vorzustellen: Das Konzert für Basstuba und Orchester von Ralph Vaughan Williams.

Dieses Werk wurde 1953/4 anlässlich des 50. Jahrestages der Gründung des London Symphony Orchestra komponiert und dem ersten Tuba-Spieler des Orchesters, Philip Catelinet, gewidmet. Es war das erste große Konzert, das für dieses Instrument geschrieben wurde, und ist auch heute noch das herausragende Werk seiner Art.

Die Tuba ist - gemeinsam mit den meisten Holz- und Blechblasinstrumenten - im 19. Jahrhundert beinahe vollständig als Konzertinstrument ignoriert worden. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen konnte die Tuba allerdings auch nicht auf eine einschlägige Vorgeschichte als Soloinstrument zurückblicken. Die Trompete etwa erfreute sich im 18. Jahrhundert einiger Beliebtheit, und zwar sowohl in der Konzertliteratur als auch als eines der häufigsten obligaten Instrumente - namentlich in der geistlichen Musik. Die Tuba tauchte erst um 1850 als Ersatz für Instrumente wie die von Mendelssohn oder Berlioz verwendete Ophikleïde auf. Tatsächlich billigte sogar Berlioz selbst bei der Herausgabe der deutschen Ausgabe seiner Symphonie Fantastique von 1830 in den 1850er Jahren in einer Fußnote der Partitur ausdrücklich die Verwendung der Tuba an Stelle der Ophikleïde. Am nachhaltigsten profitierte die Tuba allerdings von den Opern Wagners, insbesondere denen des "Ring der Nibelungen", in denen verschiedene Varianten des Instruments regelmäßig Verwendung finden.

Das Potential der Tuba als Soloinstrument haben die meisten wohl durch die 1940 entstandene Kindergeschichte "Tubby the Tuba" des amerikanischen Komponisten George Kleinsinger aus den 1940er Jahren erkannt, die durch Danny Kayes klassische Aufnahme bekannt geworden ist. In dieser Geschichte geht es letztlich nur darum, darauf hinzuweisen, dass die meisten Leute der Tuba keine solistische Rolle zutrauen würden.

Das Tubakonzert von Vaughan Williams ist - sofern man innerhalb des doch recht übersichtlichen Feldes überhaupt davon reden kann - ein Klassiker unter den Tubakonzerten. Es ist ein weiteres ebenso originelles wie frisches Werk, das das fortgeschrittene Alter des seinerzeit immerhin schon 82-jährigen Komponisten Lügen straft. Das Konzert lehnt sich formal eher an Modelle Bachs, denn an solche von Mozart oder Beethoven an. Der Komponist selbst sprach von „kunstvoll ausgearbeiteten Kadenzen in den Außensätzen, die einen Binnensatz von außergewöhnlich lyrischem Charakter und großer Zartheit einschließen.“ Im Übrigen hielt Vaughan Williams die Musik für „relativ einfach und durchschaubar“ und merkte an, dass man sie „gut ohne weitere Erklärungen im Vorfeld“ hören könne. Und das ist ja so übel nicht.

Heute erwartet Sie ein Mitschnitt mit JáTtik Clark und dem Corvallis-OSU Symphony Orchestra unter der Leitung von Marlan Carlson, aufgezeichnet am 2. März 2014:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von sd