Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
unser heutiges Musikstück verdanken wir einer Schaffenskrise des Komponisten: Die Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 19 von Sergej Rachmaninow.
Nicht in der - aber dank der Hypnose schrieb Sergej Rachmaninow seine erste und einzige Cellosonate. Sie war ein Geschenk für den Arzt und Hypnotiseur Nikolai Dahl, der den Komponisten aus einer tiefen Krise befreit hatte. Nach dem Misserfolg seiner ersten Sinfonie war Rachmaninow - ohnehin alles andere als ein sonniges Gemüt - in eine fast dreijährige Depression gefallen. Dank der damals neuartigen Behandlung durch Hypnose und Autosuggestion kamen Inspiration und Lebensmut zurück - und mit dem zweiten Klavierkonzert ein Erfolg sondergleichen.
Vom Dunkel ins Licht führt auch die kurz danach entstandene Cellosonate aus dem Jahr 1901: Aus düsteren, fast vormusikalischen Anfangstakten findet sie zum furiosen Abschluss. Die zeitgenössische Kritik befand dagegen streng: unmelodiös, weitschweifig und gar schädlich für die nachwachsende Generation. Dabei hat Rachmaninow ein Kammermusikwerk voll schwelgerischer Kantilenen geschaffen, das dennoch von jener klassischen Disziplin geprägt ist, die all seinen Werken und auch Rachmaninow selbst wesenseigen ist. Zudem verfügt es über genug Ecken, Kanten und technische Herausforderungen, um bei übermütigen Interpreten für Blessuren zu sorgen.
Rachmaninow widmete die Sonate dem virtuosen Cellisten Anatoliy Brandukov, der sie im Dezember 1901 in Moskau mit dem Komponisten am Klavier uraufführte. Diese Sonate erwies sich als sein letzter und größter Beitrag zum Kammermusikrepertoire. Bald darauf widmete er sich ausschließlich der Schaffung von Bühnen-, Chor- und Orchesterwerken.
Unsere heutigen Interpreten sind Gautier Capuçon und Nikolai Lugansky, der Mitschnitt entstand im September 2020 in der Moskauer Tschaikowsky Concert Hall:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler