Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
aus organisatorischen Gründen erreicht Sie die heutige Ausgabe wieder einen Tag früher als gewohnt - das heutige Werk ist ein echtes Jazzstück: "Harlem" von Duke Ellington.
Eine schöne Legende rankt sich um die Entstehung: Kein Geringerer als Arturo Toscanini soll Duke Ellington den Auftrag zur Komposition seiner Tondichtung "Harlem" gegeben haben. Der legendäre italienische Maestro leitete seit 1937 das NBC Symphony Orchestra, das extra für ihn gegründet worden war. 1950 plante er die Uraufführung einer Suite über die Stadt New York. Verschiedene amerikanische Komponisten sollten jeweils einen Satz über ein bestimmtes Viertel zu diesem klingenden Porträt der Metropole beisteuern. Entstanden ist dann allerdings nur "Harlem", und auch dieses Stück hat Toscanini nie dirigiert. Die Uraufführung für Jazzorchester leitete Duke Ellington am 21. Januar 1951 in der Metropolitan Opera New York, das Orchesterarrangement von Luther Henderson und Maurice Peress entstand 1954 und erlebte seine Premiere im darauffolgenden Jahr.
Edward Kennedy "Duke" Ellington lebte seit Mitte der 1920er-Jahre in Harlem, er kannte sich also bestens aus in dem Viertel. Und so lädt er das Publikum ein zu einem musikalischen Streifzug, der entlang der 7. Avenue von der 100. Straße nordwärts bis zur 125. Straße führt. Wir begegnen "coolen Jungs, verrückten Mädels und schicken Frauen" , wie der Komponist in seinen Anmerkungen zur Partitur schrieb, erleben eine Parade ebenso wie eine Varietéshow und eine Demonstration für Bürgerrechte.Zur Eröffnung erklingt der Titel "Harlem" als Trompetensignal. Später mischen sich karibische mit afroamerikanischen Rhythmen: Mehrere Melodien überlagern sich, so, wie man es auf der Straße erleben kann, wenn aus offenen Fenstern verschiedene Radios tönen. Das letzte Drittel ist ruhiger angelegt, es geht um einen Kirchenbesuch. Hier wird gerade ein Begräbnis gefeiert, aber nach dem Prinzip, wie es aus New Orleans bekannt ist: Auf die Trauer folgt eine Feier des Lebens. Und so endet "Harlem" optimistisch.
Zwei Mitschnitte stelle ich Ihnen heute gerne zur Auswahl, zunächst mit dem Haifa Symphony Orchestra unter der Leitung von Roy Oppenheim, aufgezeichnet am 11. Dezember 2017:
Zum Vergleich noch ein Mitschnitt aus dem Jahr 2011 mit dem Gstaad Festival Orchestra unter der Leitung von Kristjan Järvi:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler