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31.05.2021 Kategorie: Propstei

Ermutigungswort Trinitatis 30.5.2021

Ermutigungswort
für den Sonntag Trinitatis - 30. Mai 2021

Sie lesen das vorerst letzte Ermutigungswort unserer Propstei. Eines der vielen Zeichen, dass wir langsam aus dem Ausnahmezustand herauskommen. Aber ist das ein „zurück zur Normalität?“ So einfach wird das nicht.

Im vergangenen Pandemie-Jahr musste ich immer wieder an Astronauten im Weltall denken. Da sah ich so manche Parallele zu unserer Situation: isoliert von der Außenwelt, auf sich gestellt, auf engen Raum reduziert, der Kontakt zur Erde und zu Familienmitgliedern nur digital möglich.
Doch Astronauten sind uns gegen-über in vielem auch im Vorteil: sie trainieren jahrelang auf diese Situation hin, wir wurden plötzlich hineingeworfen. Sie haben eine klare Vorstellung, wie lange ihre Mission dauert – wir können nur von Woche zu Woche planen. Sie haben sehr viel zu tun, um die knappe Zeit im All zu nutzen – für viele von uns dehnt sich die Zeit fast unerträglich.

Und nun kommt die Rückkehr zur Erde. Schrittweise geschieht das, mit Eingewöhnungsphasen. Die Muskeln sind die Erdanziehungskraft nicht mehr gewöhnt, da muss hart trainiert werden. Auch wir werden viel Übung brauchen, um unsere sozialen Muskeln wieder voll gebrauchen zu können. Ich stelle mir auch vor, dass so ein Astronaut Zeit und Begleitung braucht, um den privaten Alltag wie-der bewältigen zu können. Um das angeschlagene Knie des Sohnes genau so wichtig zu nehmen wie den Ausfall eines Bordinstruments.
Mir hat ein Gemeindemitglied erzählt, dass sie und ihre Tochter nach einem Bummel in einem skandinavischen Einrichtungshaus völlig reizüberflutet waren und erst mal eine Pause brauchten. Die alte Normalität hat uns oft auch nicht gut getan.

Viele Abwägungen stehen uns bevor: die Balance zwischen homeoffice und Kollegenkontakt, wie öffnen wir Schulen und Kindergärten, Gemeindeleben, Kultur, Aktivitäten, Geschäfte, ohne uns die vierte Welle einzuhandeln? Wie erhalten wir die ökologischen Vorteile reduzierter Mobilität? Machen wir jetzt anders Urlaub? Wie soll zukünftig die Impfung geregelt werden?  Wie helfen wir denen wieder auf die Beine, die finanziell in die Knie gegangen sind? Wie bezahlen wir die Kosten der Pandemie? Wie verarbeiten wir die seelischen Wunden, die die Isolation geschlagen hat? Weil wir unsere Alten alleine lassen und oft auch alleine sterben lassen mussten? Weil  unsere Kinder und Jugendlichen lebenswichtige Sozialkontakte und ungezwungenes Verhalten entbehrt haben? Weil wir durch den Rückzug ins Private selbstbezogener geworden sind.
Einerseits wissen wir jetzt mehr, was uns gut tut, was wir brauchen. Die Andererseits haben wir an Toleranz und Einfühlungsvermögen verloren. Wie gesagt, da ist einiges an sozialem Training dran.
 
Für den Auszug aus dem Schnecken-haus und die vorsichtige Annäherung an das neue „Normal“ kommt uns das Kirchenjahr hilfreich entgegen. Ab Trinitatis beschäftigen sich die Sonn-tage mit dem Leben der Gemeinde. Jesus ist wieder im Himmel, der Geist ist da, jetzt sind wir dran. Der Geist Gottes treibt uns in die Öffentlichkeit, setzt Beine und Lippen in Bewegung, um unser Leben, unsere Welt nach Gottes Willen zu gestalten.

Dazu werden uns im Segensgruß der Woche drei wichtige Worte auf den Weg gegeben: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Gott ist mir gnädig, liebt mich und will mit mir zusammen sein. Das hilft, mit mir und anderen gnädig umzugehen, den fremd gewordenen Alltag und Mitmenschen mit Liebe anzusehen und die Gemeinschaft wieder zu trainieren  – so sollte uns der Neustart gelingen.

Bleiben Sie behütet und gesegnet.

 
Zum Nachlesen: der Wochenspruch steht im 2. Brief des Paulus an die Korinther, Kapitel 13, Vers 13.

Pfarrerin Stephanie Gupta, in Volkmarode und Dibbesdorf

Beitrag von red