Liebe Leserin, lieber Leser!
Papa.
Vater.
Vaterunser im Himmel.
Das Gebet, das Jesus seinen Jüngern und Jüngerinnen vorspricht, beginnt mit einer erstaunlichen Anrede.
Familiär, vertraut ist diese Anrede. In der Muttersprache Jesu, dem Aramäischen, klingt in dieser Anrede, „Abba“, auch unser deutsches „Papa“ an.
Vermutlich war diese Anrede Gottes damals eine Überraschung; in manchen Ohren vielleicht auch eine Provokation.
Vater, Abba!
Wenn Sie an Ihren Vater denken, was für ein Mensch kommt Ihnen da in den Sinn? Jemand, der immer schon da war, der Sie in vielem unterstützen konnte?! Vermutlich auch jemand mit seinen Ecken und Kanten?! Sein Lächeln.
Wenn Sie an „Vater“ denken, was sagt das für Sie über Gott aus? Vielleicht, dass er fürsorglich ist. Vertraut und nah. Jemand, dem ich vertrauen kann. Jemand, der mich mit offenen Armen aufnimmt.
„Vater“ – das hat ja auch etwas von Autorität – und eine solche Anrede Gottes als ‚Vater mit Autorität‘, und ein Vergleich Gottes mit einem Vater, das hat auch vor Jesus schon eine Rolle gespielt. Jesus aber gibt seiner Anrede nochmal einen anderen Zungenschlag, indem er Gott in der Umgangssprache und mit großer Schlichtheit und Direktheit „Abba“ nennt. Ein besonderes Gottesverständnis scheint auf in diesem Wort.
Gott ist ein Gott, der gerade für die Armen, für die Sünder, für die Beladenen da ist. Der ihnen nah ist.
Vaterunser im Himmel.
Im uns vertrauten Wortlaut des Jesus-Gebets kommt zum „Abba“, zum „Vater“, auch das „unser“ hinzu.
Der einzelne Beter und die einzelne Beterin steht nicht allein da. Sondern schon im Anfang des Jesus-Gebets werden wir als Gemeinde zusam¬men-geschlossen. Gerade in diesen Coronazeiten, in denen wir Abstand halten müssen, in denen Einsamkeit so manche und so manchen bedrückt, finde ich das tröstlich. Wir dürfen uns verbunden wissen als die Kinder unseres Vaters.
Vaterunser im Himmel.
Das Gebet Jesu ist einerseits immer schon verstanden worden als ein Text, der die Botschaft Jesu mit prägnanten Worten zusammenfasst, ein Lehrtext. In Martin Luthers Katechismus zum Beispiel wird es ausführlich ausgelegt.
Das Gebet Jesu ist aber vor allem das wichtigste Gebet von und für Christen und Christinnen. Viele beten es tagtäglich zuhause. Und in jedem Gottesdienst und in jeder Andacht wird es gesprochen. Der Evangelist Matthäus, der uns das Vaterunser überliefert (Matthäus¬evange¬lium, Kapitel 6, Verse 9 bis 13), hebt heraus, dass wir beim Beten nicht viele Worte zu machen brauchen – denn Gott weiß, was uns bewegt und bedrückt und was wir brauchen.
Lassen Sie sich ermutigen, die alten und doch immer wieder neuen Worte zu sprechen, in sie einzustimmen und mit ihnen den anzusprechen, der uns wie ein Vater, ein Abba, begleitet, durch alle Tiefen und Höhen unseres Lebens.
Bleiben Sie behütet!
Tillmann S. Mischke,
Pfarrer in BS-Wenden und Thune
Guter Gott,
wir bitten dich für die Menschen, die unter Gewalt leiden.
Hilf, dass es für Konflikte andere, friedliche Lösungen gibt.
Wir bitten dich für alle, die unter Hunger leiden.
Hilf, dass wir die Güter deiner Erde gerechter verteilen.
Wir bitten dich für alle, die krank sind,
hilf, dass sie gesund werden.
Wir bitten dich für alle Sterbenden.
Begleite sie und lass sie sich in dir geborgen wissen.
Wir bitten dich für die Kinder und Jugendlichen,
lass sie fröhlich und frohgemut heranwachsen.
Wir bitten dich für alle, die schwere Entscheidungen treffen müssen.
Gib Ihnen Weisheit und Gelassenheit.
Wir bitten dich für uns alle,
stärke unser Vertrauen in dich, gib uns offene Herzen für unsere Nächsten, lass uns immer wieder spüren, dass du selbst an unserer Seite stehst, ermutige uns.
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.