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25.08.2022 Kategorie: Propstei

Wort zum Sonntag 28.08.2022

Es sind Zahlen, die schockieren! Die Armutsquote ist in Deutschland auf einen neuen Höchststand gestiegen. Knapp 14 Millionen Menschen haben kein sicheres Auskommen.
Auch in unserer Kirchengemeinde haben in den letzten Wochen und Monaten mehr Menschen als sonst geklingelt und um Unterstützung gebeten – viele zum allerersten Mal in ihrem Leben. Und plötzlich bekommt diese abstrakte Zahl „14 Millionen“ ein Gesicht. Ein konkreter Mensch steht vor dir… und… schämt sich: „Mir ist das so unangenehm. Ich habe immer gearbeitet. Und jetzt das!“
Wer arm ist, versucht das zu verbergen. Schämt sich. Würde am liebsten den ganzen Tag im Bett bleiben. Du traust dich nicht mehr unter die Leute. Zu stark ist das gesellschaftliche Narrativ, dass du ja selbst schuld seist. Dass es doch reichen müsse. Weil wir ein Sozialstaat sind und man sich um dich kümmert. Und du nur zu doof bist, damit klarzukommen… Das Jugendwort des Jahres 2021 ist übrigens „Geringverdiener“. Eindeutig eine Beleidigung. Synonym für „Verlierer“.
Die Folge: Wer arm ist, verschwindet von der Bildfläche. Geht nicht mehr ins Kino. Geht nicht mehr ins Café.
Wenn 14 Millionen Menschen aber das Gefühl bekommen, es nicht verdient zu haben, beachtet zu werden, dann ist das sicherlich keine Lappalie und die Politik tut gut daran, alles zu tun, um die Kluft zwischen arm und reich zu verkleinern. Sie sollte vor allem aufhören von den „Leistungsträgern der Gesellschaft“ zu reden mit Blick auf die Besserverdienenden.
Die Bibel hat ein erstaunliches Interesse an Menschen, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Zum ersten Mal in der Weltgeschichte wird Armut nicht tabuisiert. Im Gegenteil: Tagelöhner, Sklaven und Kranke bekommen eine echte Wertschätzung zu spüren. Jesus sichert diesen Menschen die besondere Aufmerksamkeit Gottes zu, wenn er Ihnen sagt: „Selig seid ihr Armen! Denn das Reich Gottes gehört euch!“ (Lk 6,20).
Raus aus der Scham. Jeder Mensch ist wichtig. Eine wichtige Botschaft – gerade in Zeiten, wo angesichts von explodierenden Preisen weit mehr als „nur“ 14 Millionen auf ihr Portemonnaie schielen. Oder?

Lena Stark, Pfarrerin in Lehre-Brunsrode

Beitrag von sd